Dr. Rainer Rothfuß erklärt, wie Feindbilder entstehen, bzw. wie sie erschaffen werden können, wie sie von den Medien aufrechterhalten werden und warum sie für die Gruppendynamik wichtig sein können.
Ein Feinbild grenzt unterschiedliche Gruppen voneinander ab und ermöglicht gleichzeitig den Zusammenhalt innerhalb der einzelnen Gruppen. Die eine Gruppe kann aber nur dann die gute Gruppe (Nation, Religion) sein, wenn eine andere Gruppe den Gegenpart übernimmt, wenn auch meistens nicht freiwillig. Das eine Gruppe oftmals die andere Gruppe nicht gut genug kennt, ermöglicht erst das Entstehen von falschen Bildern und Vorurteilen. Ein bewährtes Mittel dagegen ist es, die „Anderen“ kennenzulernen.
Es ist mehr als nur ein symbolischer Akt, wenn die Botschafter aus einem Land abgezogen werden. Es ist meistens das Ende der Kommunikation und damit viel zu oft der Beginn der Gewalt. Miteinander reden hilft einander zu verstehen. Das bedeutet nicht, automatisch die Meinung des anderen zu teilen oder zu übernehmen. Was aber, wenn im Konfliktfall plötzlich das Gegenteil passiert, also der Botschafter der „anderen Seite“ Eingeladen wird, um die Sichtweise seiner „Seite“ zu erklären? Das hat Dr. Rainer Rothfuß im Dezember 2014 getan.
Im Rahmen der Vorlesungsreihe „Clash of Civilizations“: Feindbilder in interreligiösen Beziehungen und internationaler Geopolitik, hat Dr. Rainer Rothfuß den Botschafter der Russischen Föderation Wladimir Michailowitsch Grinin eingeladen, zum Thema „Wege in eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Ost und West: Die Perspektive Russlands“ zu sprechen.
Die Reaktionen blieben nicht aus. Es scheint so, als wollen einige Menschen nicht, dass andere hören was die „Gegenseite“, in diesem Fall der russische Botschafter zu sagen hat. Eine eigene Meinung zu bilden, ist offensichtlich nicht erwünscht. Ebenfalls im Dezember 2014 war der Historiker Dr. Daniele Ganser eingeladen, um einen Vortrag zum Thema „Die Terroranschläge vom 11. September 2001 und der „Clash of Civilizations“: Warum die Friedensforschung medial vermittelte Feindbilder hinterfragen muss“ zu halten.
Der Konfliktforscher Dr. Rainer Rothfuß hat andere Stimmen zu Wort kommen lassen und dadurch versucht, die Völkerverständigung aufrecht zu erhalten. Eine Verständigung, ein Dialog auch kontroverser Themen ist allemal besser, als zu schweigen oder einen Konflikt mit Gewalt zu lösen.
Welche Vorschläge zur Konfliktlösung haben die Kritiker von Dr. Rainer Rothfuß anzubieten?
“Sie werden nie weder Soldaten noch den Rückhalt der Bevölkerung mobilisieren können, wenn Sie nicht ein Feinbild haben. Dieses Feindbild kann entstehen entweder aus realen Handlungen eines Gegenüber oder aber auch aus der Überzeichnung der Bewertung von Handlungen eines Gegenübers; ein Feindbild kann aber auch künstlich erschaffen werden, d.h. ich kann auch dem Gegenüber Handlungen in die Schuhe schieben, kann sie selbst verursachen, dem anderen zuschreiben und im öffentlichen Diskurs dann so verkaufen, dass das Gegenüber verantwortlich ist, diese Provokation begangen hat, dieses Verbrechen begangen hat. Und damit mobilisiere ich Rückhalt für ein härteres Vorgehen gegenüber meinem Gegenüber.”
Dr. Rainer Rothfuß
Hier finden Sie die beiden Interviews von 2014 und 2016 mit Dr. Rainer Rothfuß.
Dr. Rainer Rothfuß im Gespräch 2015
Dr. Rainer Rothfuß | KenFM im Gespräch | 15.12.2014 | Tübingen | 01:05:41min | KenFM
Dr. Rainer Rothfuß im Gespräch 2016
Dr. Rainer Rothfuß | KenFM im Gespräch | Berlin | 01:41:34min | Veröffentlicht am: 3. April 2016 | KenFM