Politische Partizipation (Teil 7) – Gestern und Heute
Die alten Formen der politischen Partizipation werden von den Bürgern immer weniger in Anspruch genommen. Gleichzeitig entstehen durch technische Veränderungen immer wieder neue und veränderte Formen der Beteiligung. Es wäre falsch zu behaupten, dass die Bürger sich von der Politik insgesamt abwenden weil sie “politikverdrossen” seien. Viele politisch interessierte Bürger haben den Rahmen ihres politischen Handelns geändert oder suchen nach neuen Möglichkeiten der Beteiligung, Mitsprache und Mitbestimmung.
Politische Partizipation
Politische Partizipation ist die Teilhabe und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen. [1]
Man unterscheidet konventionelle (verfasste, gesetzlich garantierte und geregelte) von unkonventionellen (nicht verfasste) Formen der politischen Partizipation. Durch eine inzwischen jahrzehntealte Partizipationsforschung wurden Kriterien entwickelt, die unterschiedliche Beteiligungsformen ausweisen.
Niedermayer unterteilt die Gesamtheit partizipativer Aktivitäten der Bürger in folgende sechs Formen:
- Teilnahme an → Wahlen und Abstimmungen;
- Parteibezogene Aktivitäten;
- Gemeinde-, → Wahlkampf und Politiker bezogene Aktivitäten;
- legaler Protest;
- ziviler Protest und
- Politische Gewalt.
Legaler Protest umfasst legale, nicht institutionalisierte Beteiligungsarten wie z. B. genehmigte → Demonstrationen. Die Legitimität solcher Partizipationsformen wurde in der ersten Phase ihres Aufkommens mit der Außerparlamentarischen Opposition in der zweiten Hälfte der 60er Jahre in Frage gestellt, doch haben sie im Laufe der Zeit auch ihre Legitimitätsbasis erhalten.
Ziviler Ungehorsam beinhaltet nicht gewaltsame partizipative Aktivitäten, “die gegen geltendes Recht verstoßen und von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung nicht als legitime Art der Beteiligung am politischen Prozess verstanden wird” (Niedermayer 2005: 194).
Quelle: www.bpb.de | [2]
Institutionalisierte Partizipation
Es wird deutlich, dass die alten Formen der (institutionalisierten) Partizipation weniger Akzeptenz bei den Bürgern finden und immer weniger frequentiert werden. Darauf deuten auch die Trends der Parteiaustritte und die größer werdende Anzahl der Nichtwähler hin. Die institutionalisierten Formen erscheinen alt, umständlich, langsam und unattraktiv. Deutlich wird dabei, dass das Interesse an der Parteipolitik sinkt, nicht aber an der Politik im allgemeinen.
Während Kirchen, Gewerkschaften und andere klassische Vereine und Organisationen in den letzten Jahren immer mehr Einfluss verloren haben, konnten andere Organisationen ihr Ansehen und ihren Einfluss vergrößern. Es entstehen gleichzeitig neue Trends und Impulse und neue Methoden um sich an der politischen Entwicklung zu beteiligen.
Nicht-institutionalisierte Partizipation
Die Proteste gegen TTIP und CETA brachten im Oktober 2015 etwa 250.000 Menschen auf die Straße die friedlich in Berlin Demonstrierten. Bisher haben 1.637.128 Menschen aus Deutschland an einer Online-Petition gegen TTIP teilgenommen, in Europa 3.487.508. Bei bundesweit 1,2 Millionen Parteimitgliedern, haben mehr Menschen gegen TTIP unterschrieben als es Parteimitglieder gibt.
Und auch der Protest gegen “Stuttgart 21” zeigt einen Trend zu mehr Politikinteresse.
Leider steigt auch die Zahl der politisch motivierten Kriminalität (PMK) dramatisch an.
Grafik: www.bpb.de | Politische Beteiligung. Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/ (bpb) [3]
e-Partizipation
Die SPD hat 2015 noch 442 814 Parteimitglieder, die CDU kommt auf 444 400.
Bei der Nichtregierungsorganisation Campact sind zurzeit “mehr als 1,7 Millionen Menschen registriert”, die sich an den einzelnen Kampagnen beteiligen. In Form von Online-Petitionen, Protest-E-Mails und anderen Aktionen, bietet Campact den Mitgliedern ein Beteiligungsforum. Oder auch einfach die Möglichkeit einer Mitfahrerzentrale.
Es ist nicht notwendig, die Partei-Kröte zu schlucken. Oft handelt es sich um einzelne Themen. Andere Themen der Kampagnen Anbieter können ausgelassen werden. Es muss nicht akzeptiert werden, was nicht gefällt.
Virtueller Protest hat allerdings meistens auch nur eine virtuelle Wirkung.
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Es gibt viele Möglichkeiten um an der politischen Entwicklung mitzuwirken. Durch neue Techniken werden auch weitere neue Möglichkeiten der Beteiligung und Kommunikation entstehen.
Es entsteht ein Markt für neue Angebote, die zueinander in Konkurrenz treten. Und auch gemeinsam stehen diese neuen Angebote in Konkurrenz zu den etablierten oder auch zu den institutionalisierten Möglichkeiten der Partizipation.
Methoden der e-Partizipation ermöglichen bundesweite Aktionen, Online-Petitionen, Unterschriftenaktionen, oder Protest-E-Mails. Auch das Informieren über Aktionen wird durch das Internet beschleunigt und bundesweit (international) möglich.
Inzwischen ermöglicht das → Internet in Form von elektronischer Partizipation auch die Einbeziehung weiter Bevölkerungsschichten in weder zeitlich noch örtlich gebundene Beteiligungsprozesse. Das Aufkommen nicht institutionalisierter Formen politischer Partizipation, zunächst von einigen Beobachtern als Bedrohung des repräsentativen Systems gesehen, ergänzt die konventionellen Formen politischer Partizipation und kann eventuell sogar als Frühwarnsystem für Fehlsteuerungen des politischen Systems bewertet werden. [2] bpb.de
Soziale Netzwerke
Meinungen, die sich in den Massenmedien nicht wiederfinden, werden dafür in den sozialen Medien besprochen und auch beachtet. PEGIDA ist aus einer Facebook-Gruppe entstanden. Die Formen der Teilhabe verlagern sich immer weiter. Auch Bundespolitiker und selbst Bundesministerien haben Accounts bei Twitter und kommentieren inzwischen in sozialen Medien Ereignisse. Der Austausch in den sozialen Netzwerken und in Leserforen ist wichtig und kann zur politischen Meinungsbildung beitragen. Leider zeigt der respektlose Umgang miteinander dabei oft, wie viel wir noch zu lernen haben.
Quellennachweise:
[1] Wikipedia | Politische Partizipation
[2] www.bpb.de | Politische Beteiligung/Politische Partizipation
Politische Partizipation gehört zur Demokratie. Wie haben sich Beteiligung und Protestverhalten außerhalb von Institutionen in Ost und West entwickelt?
www.bpb.de | Nicht-institutionalisierte politische Beteiligung und Protestverhalten 10.6.2011
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