Ideologische Vorurteile und koalitionale Anpassungen bei Sozialpsychologen?
David M. Buss (University of Texas at Austin) und William von Hippel (University of Queensland) haben eine Umfrage zu den Überzeugungen von Sozialpsychologen (335 Mitglieder der Society of Experimental Social Psychology, SESP) durchgeführt. Sie haben ihre Arbeit am 15. November 2018 unter dem Namen Psychological Barriers to Evolutionary Psychology: Ideological Bias and Coalitional Adaptations veröffentlicht.
Die Ergebnisse ihrer Analyse, die in den Archives of Scientific Psychology veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass Sozialpsychologen (in den USA) aus ideologischen Gründen, gegen die in der Evolutionspsychologie begründeten Erkenntnisse sind und dass die Sozialpsychologie überwiegend von Forschern mit einer linksliberalen Einstellung besetzt ist.
Buss und Hippel machen in ihrer Studie deutlich, das diese Ablehnung der Evolutionspsychologie nichts mit den religiösen Überzeugungen der Sozialpsychologen zu tun hat, denn „die meisten Mitglieder der SESP waren sich relativ sicher, dass es keinen Gott oder eine höhere Macht gibt, und die meisten Mitglieder der SESP glaubten, dass die gleichen evolutionären Prinzipien, die das Verhalten der Tiere leiten, auch das menschliche Verhalten leiten“.
(Auszüge aus der Studie)
Ideologische Vorurteile und koalitionale Anpassungen
Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, lagen mehr als 95% der SESP-Mitglieder unterhalb des Mittelpunkts dieser Skala und der Mittelwert betrug tatsächlich 3,15. In Übereinstimmung mit dieser politischen Ideologie nach links haben 305 Personen angegeben, dass sie für Obama gestimmt haben, und nur vier gaben an, sie hätten für Romney abgestimmt.
(Buss, Hippel, 2018, Seite 3/11 PDF)
Anmerkung 1:
Willard Mitt Romney, Republikanische Partei
Die beiden Wissenschaftler erklären in ihrer Analyse, „dass es vier ineinander greifende Barrieren sind die den Forschern im Weg stehen, die versuchen, die Sozialpsychologie des Menschen zu verstehen“.
- Die erste ist die ideologische Orientierung, die für die meisten Sozialpsychologen charakteristisch ist – auf der linken Seite des politischen Spektrums stark verzerrt.
- Die zweite ist die Annahme eines Menschenbildes, von dem die Sozialpsychologen glauben, dass es dieser Ideologie am förderlichsten ist – Menschen sein ein leeres Blatt, das allein durch die Missstände einer schlechten Umgebungen verdorben (korrumpiert) wird.
- Der dritte Punkt ist die Ablehnung von Theorien und Erkenntnissen, von denen angenommen wird, dass sie gegen diese Sicht der menschlichen Natur verstoßen, – derjenigen, die von evolutionären Ansätzen für menschliches Verhalten stammen.
- Die vierte ist eine Reihe von entwickelten psychologischen Anpassungen (bei den Sozialpsychologen Anmerk.), die ein Verständnis der evolutionären Psychologie aktiv behindern – Anpassungen für soziale Überzeugungen statt für Wahrheitssuche, Anpassungen für Prestigeerhaltung und Anpassungen für die Bildung und Aufrechterhaltung gruppeninterner Koalitionen und für die Bestrafung konkurrierender Koalitionen.(Buss, Hippel, 2018, Seite 3/11 PDF)
Mangel an angemessener Ausbildung
Wir haben argumentiert, dass die Darstellung der evolutionären Psychologie als eine Position des genetischen Determinismus und der ökologischen Impotenz, nicht mit der Realität der evolutionären Psychologie übereinstimmt.
Die Gründe für diesen Mangel an Verständnis sind vielfältig, aber ein Kernpunkt ist der Mangel an geeigneter Ausbildung in den Evolutionswissenschaften.
Keine einzige Einrichtung in den Vereinigten Staaten die einen Abschluss verleiht, erfordert nach unserem Wissen einen einzigen Kurs in Evolutionsbiologie als Teil eines Abschlusses in Psychologie – eine erstaunliche Bildungslücke, die die Psychologie vom Rest der Biowissenschaften trennt.
Folglich erwerben die meisten Psychologen ihr Wissen aus sekundären Quellen der Psychologie, einschließlich Lehrbüchern, von denen viele zahlreiche Fehler und Unstimmigkeiten enthalten.
Eine Überprüfung von zehn Lehrbüchern der Sozialpsychologie hat zum Beispiel in jedem von ihnen mindestens einen Fehler einer Falschcharakterisierung festgestellt, wobei die typische Zahl zwei bis drei Tatsachenfehler allein über die “Inclusive Fitness Theory” ausmachen (Park, 2007).
(Buss, Hippel, 2018, Seite 9/11 PDF)
Anmerkung 2:
Aufgrund der Kritik, die mitunter durch die Arbeit von Buss und von Hippel ausgelöst wurde, hier der Hinweis, dass die Evolutionspsychologie / Sozialpsychologeie als wissenschaftliche Disziplin keine politische Agenda haben „trotz vieler Versuche, sie zu verunglimpfen, indem man sie fälschlicherweise mit abscheulichen politischen Bewegungen der Vergangenheit, wie der Nazi-Eugenik verknüpft hat“. (Buss/von Hippel)
Anders als in den USA, absolvieren die Psychologiestudenten zum Beispiel im Vereinigten Königreich und auch in Deutschland während ihrer Ausbildung Module, u.a. auch in Biopsychologie. Eine Verurteilung der Sozialpsychologie im allgemeinen ist also nicht angebracht.
Vorurteile und Ideologie
Auf dem Gebiet der Sozialpsychologie werden zwei Arten von Herausforderungen verschärft. Die erste ist ideologisch – das Feld besteht fast ausschließlich aus Personen, die die linksliberale Seite des politischen Spektrums besetzen. Wenn Sozialpsychologen in der Lage wären, ihre politische Orientierung so abzuschirmen, dass sie ihre wissenschaftliche Forschung nicht behindert, dann wäre es im Prinzip kein Problem. Vermutlich wird die wissenschaftliche Untersuchung der physikalischen Chemie von der Politik ihrer wissenschaftlichen Praktiker nicht wesentlich beeinflusst. Dasselbe kann nicht von Wissenschaftlern gesagt werden, die sich mit dem Verständnis der Funktionsweise des menschlichen sozialen Bewusstseins befassen.
Die politischen Verpflichtungen, die oft von der Ideologie der Psychologen gefordert werden, haben zu theoretischen Vorurteilen geführt, wie zum Beispiel die des „leeren Blatt Papier des menschlichen Geistes“, in Kombination mit einer extremen Form des Situationismus, die psychologische Anpassungen ignoriert oder leugnet, die diesen Geist bevölkern. Diese Vorurteile wiederum können zu einer unglücklichen Ablehnung von Theorien und empirischen Befunden führen, von denen angenommen wird, dass sie irrtümlich die linksgerichteten ideologischen Verpflichtungen beeinträchtigen. Leider scheinen viele Sozialpsychologen zu glauben, dass die evolutionäre Psychologie in diese ideologischen Verpflichtungen beeinträchtigen.
Auf der anderen Seite gibt die Tatsache, dass eine beträchtliche Minderheit von Sozialpsychologen scheinbar evolutionäre Beweise für Anpassungen akzeptiert, die zu Gewalt oder geschlechtsspezifischen Unterschieden führen, Anlass zu Optimismus.
(Buss, Hippel, 2018, Seite 9/11 PDF)
Vgl. Bestätigungsfehler (confirmation bias)
Quellennachweise:
Aus rechtlichen Gründen werden hier nur wenige Auszüge veröffentlicht.
Übersetzung:
skynetblog.de | 2019
Psychological barriers to evolutionary psychology: Ideological bias and coalitional adaptations.
Psychologische Barrieren für die Evolutionspsychologie:
Ideologische Vorurteile und koalitionale Anpassungen
David M. Buss (University of Texas at Austin)
Die Vollständige Studie finden Sie hier:
Citation
Buss, D. M., & von Hippel, W. (2018). Psychological barriers to evolutionary psychology: Ideological bias and coalitional adaptations. Archives of Scientific Psychology, 6(1), 148-158.
http://dx.doi.org/10.1037/arc0000049
Internetseite der Society of Experimental Social Psychology (SESP)
the British Psychological Society (bps.org.uk).