Der sogenannte Sokal Squared Skandal, im Englischen oft auch Grievance Studies affair genannt, also Jammer Studien Affäre, hat einen erheblichen Mangel an wissenschaftlicher Integrität in einigen Bereichen aufgezeigt und den ideologischen Bias von einigen Institutionen, Fachmagazinen und Wissenschaftlern (“Wis-sen-schaft-lern”) mehr als deutlich belegt.
Peter Boghossian (Philosoph), Helen Pluckrose (Journalistin) und James Lindsay (Mathematiker) haben mit ihrem Hoax, in bester Tradition eines Till Eulenspiegels, Teile der Gender Studies als eine Form der Cargo Kult Wissenschaft entlarvt. Sie konnten zeigen, dass es zwar der Form nach richtiges Handeln (Beispiel: Peer-Review Verfahren) gab, aber am Ende kam nichts Brauchbares dabei heraus, nur ideologischer Unsinn. Es landete also kein Flugzeug.
Die drei haben sich 20 völlig sinnlose Artikel ausgedacht und unter falschen Namen bei verschiedenen, u.a. sehr renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften eingereicht, von denen vier nach monatelanger Prüfung (Peer-Review) sogar veröffentlicht wurden. Drei weitere Artikel wurden zur Veröffentlichung angenommen, aber der Hoax wurde vorher aufgedeckt und kam an die Öffentlichkeit, bevor weitere Aufsätze veröffentlicht werden konnten.
Der Kaiser trägt keine Kleider …
Der Sokal Squared Skandal
Fett-Bodybuilding
Einer der vier veröffentlichten Artikel (doi:10.1080/21604851.2018.1453622) trägt den Titel:
Wer sind sie, um zu urteilen?
Die Überwindung der Anthropometrie und ein Rahmenwerk für Fett-Bodybuilding
Kurz gesagt handelt der Artikel davon, dass es neben dem Bodybuilding, also dem Aufbau von Muskeln, auch ein Fett-Bodybuilding geben sollte, also dem Aufbau von Körperfett. Die “Arbeit” am eigenen Übergewicht sollte als Sportart anerkannt und akzeptiert werden.
Ein weiterer Aufsatz (doi:10.1007/s12119-018-9536-0), der ebenfalls bereits veröffentlicht wurde, hat den Namen:
Durch die Hintertür hineingehen:
Bekämpfung der Homohysterie und Transphobie heterosexueller Männer durch rezeptiv-penetrierenden Gebrauch von Sexspielzeugen
Dieser Aufsatz behauptet, dass Homophobie und Transphobie abgebaut werden könnten, wenn sich heterosexuelle Männer beim Sex Dildos “in die Hintertür” einführen.
Ein anderer Artikel bestand aus umgeschriebenen und mit aktuellem kulturwissenschaftlichen Jargon angereicherten Passagen aus “Mein Kampf”.
(…) Einer enthielt den Vorschlag, “Privilegierte”, also weiße Männer, in universitären Lehrveranstaltungen zum Schweigen zu verpflichten und sie zu zwingen,
in Ketten auf dem Boden zu sitzen. Ein anonymer Gutachter bescheinigte diesem Artikel, er werde “nach einer Überarbeitung einen starken Beitrag zu der wachsenden Literatur über epistemische Ungerechtigkeit im Unterricht leisten”.
Die Personen, die Konservativen vorwerfen, sie wollten Frauen wieder in der Küche am Herd sehen, erfreuen sich offensichtlich daran, wenn weiße Männer (…) in Ketten auf dem Boden sitzen müssen. Man stelle sich so eine Forderung von der politisch anderen Seite nur einmal vor. Nur mal kurz vorstellen …
Unser Kampf ist mein Kampf
Texte aus Hitlers “Mein Kampf” als wissenschaftliche Artikel zu akzeptieren, kann wahrscheinlich nur mit einem ideologischen Bias erklärt werden, so etwas hat mit Wissenschaft nichts mehr zu tun. Der Text:
Unser Kampf ist mein Kampf: Solidarischer Feminismus als intersektionale Antwort auf Neoliberalismus und Wahl-Feminismus
wurde von der feministischen Fachzeitschrift (“Fach-zeit-schrift”) Affilia (Journal of Women and Social Work) zur Veröffentlichung angenommen.
Die Herausgeber der vorgeführten Zeitschriften sind beleidigt, manche feministischen Wissenschaftlerinnen nennen die Aktion “einen koordinierten Angriff von rechts”.
Es ist inzwischen wie ein Reflex. Andere Reaktionen kennen diese Damen nicht, es müssen Rechte sein. So durchschaubar, so abgedroschen. Boghossian, Pluckrose und Lindsay beschreiben sich selber allerdings als Linke (liberals), die einfach die Nase voll haben von dem Unsinn, der in vielen geisteswissenschaftlichen Disziplinen um sich greift und inzwischen großen Einfluss auf Universitäten nimmt.
Diktatur der Wissenschaft
Prof. Dr. Norbert Bolz warnt schon seit einiger Zeit vor den “Gefälligkeitswissenschaften”. Zum Beispiel würden Gutachten oft nicht mehr nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt, sondern nach politischen.
Der Physiker Richard Feynman warnte vor dem Verlust der Integrität des einzelnen Wissenschaftlers. Denn dann würde irgendwann auch die Wissenschaft als ganzes ihre Integrität verlieren. Und diese Pseudowissenschaftler tragen dazu bei.
Aldous Huxley warnte vor einer Diktatur der Wissenschaft.
Vielleicht entsteht diese neue Diktatur durch das Niederbrüllen und Verleumden anderer Meinungen und der Unwissenschaftlichkeit und Ideologie dieser Cargo-Kult-Wissenschaftler, die sich bei dem bisher noch vorhandenen Ansehen von Aufklärung, Wissenschaft und Logik bedienen. James Lindsay sagt: Jeder solle für sich selber entscheiden, ob diese Wissenschaftler auch für ihn sprechen.
Für mich sprechen sie nicht.
Im März 2019 hatte ich auf die Studie Psychological Barriers to Evolutionary Psychology: Ideological Bias and Coalitional Adaptations von David M. Buss (University of Texas at Austin) und William von Hippel (University of Queensland) hingewiesen.
Die Ergebnisse ihrer Analyse, die in den Archives of Scientific Psychology veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass Sozialpsychologen (in den USA) aus ideologischen Gründen, gegen die in der Evolutionspsychologie begründeten Erkenntnisse sind und dass die Sozialpsychologie überwiegend von Forschern mit einer linksliberalen Einstellung besetzt ist.
Konsequenzen?
Anfang Januar 2019 wurde bekannt, dass die University of Portland aufgrund des Sokal-Squared-Projektes eine Untersuchung gegen Peter Boghossian wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (scientific misconduct) forschungsethischer Art eingeleitet hat. Als Reaktion haben sich zahlreiche Wissenschaftler mit Boghossian solidarisch erklärt, darunter u. a. Richard Dawkins, Steven Pinker und Jonathan Haidt.
Nach Boghossians Angaben beschloss seine Universität, dass er seine „Meinung bezüglich sogenannter geschützter Gruppen nicht kundtun dürfe.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Sokal_Squared
Bestraft werden sollen also nicht die ideologischen Pseudowissenschaftler, sondern die Personen, die den Schwindel aufgedeckt haben. Jeder, der Boghossian, Pluckrose und Lindsay ein unethisches Verhalten vorwirft, sollte vielleicht zuerst die Methode der beteiligten Prüfer hinterfragen. Eine einfache Quellenrecherche hätte wahrscheinlich schon nach wenigen Minuten ergeben, dass die angegebenen Quellen nicht stimmen können.
“Wir haben genau null unserer Quellen gelesen, das war Teil unseres Schwindels”, berichten Boghossian und Lindsay. Fünf zitierte Studien hätten sie sich einfach ausgedacht. Sogar zwei Fachmagazine, in denen jene Arbeiten angeblich erschienen sind, seien erfunden.
“Das Konzept des Penis”, so beginnen die beiden ihren Aufsatz, “würde besser nicht als anatomisches Organ verstanden, sondern als ein soziales Konstrukt, isomorph zur performativen toxischen Maskulinität.”
Am Beispiel des Klimawandels sollte die Studie den “vorherrschenden, schädlichen Tropos herausfordern, den Penis als männliches Sexualorgan zu verstehen und ihm eine passendere Rolle als Art maskuliner Performance zuweisen.” Die Forscher kommen zu dem Schluss, der Penis sei “der konzeptionelle Treiber für einen Großteil des Klimawandels”.
Zwei Erkenntnisse des Sokal Squared Skandals:
Ihre Scherz-Studie weise auf zwei Probleme der Geisteswissenschaften hin, meinen die beiden Autoren:
Zum einen seien Veröffentlichungen gegen Bezahlung offenbar anfällig dafür, problemlos durchgewunken zu werden. Folglich könnten Schwindler in den Rang ernstzunehmender Wissenschaftler aufsteigen, indem sie nach einer Bezahlung auf begutachtete Studien verweisen könnten.
Zum anderen würden politisch gewünschte Ergebnisse und moderner Fachjargon dazu verleiten, Blödsinn nicht zu erkennen, glauben Boghossian und Lindsay erkannt zu haben.
Mein persönlicher Lieblingsaufsatz ist der von der Vergewaltigungskultur (Rape Culture) in Hundeparks.
Menschliche Reaktionen auf die Vergewaltigungskultur und queere Performativität in städtischen Hundeparks in Portland, Oregon
Auch dieser Unsinn wurde veröffentlicht, in der Zeitschrift Gender, Place & Culture (Journal of Feminist Geography) (doi:10.1080/0966369X.2018.1475346).
Was sagt das “Fachmagazin” dazu?
“Sie garantieren, dass:
i. Alle Personen, die einen begründeten Anspruch auf Urheberschaft haben, in dem Artikel als Koautoren genannt werden, einschließlich Ihrer selbst, und dass Sie die Identität von niemandem, einschließlich Ihrer eigenen, erfunden oder missbraucht haben.
Nach einer Untersuchung dieses Artikels, die vom Herausgeber und Redakteur kurz nach der Veröffentlichung eingeleitet wurde, haben wir eine Reihe von Überprüfungen vorgenommen, um die Identität des Autors zu bestätigen. Diese Überprüfungen haben ergeben, dass es sich um ein Hoaxpapier handelt, das unter falschen Vorwänden eingereicht wurde, und als solches ziehen wir es aus dem wissenschaftlichen Archiv zurück.
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/0966369X.2018.1475346
Sie ziehen es zurück wegen der falschen Identität der Autorin (Helen Wilson) und nicht wegen des haarsträubenden Inhaltes? Keine weiteren Fragen.
Identitätspolitik / Wissenschaft.
Der Kaiser trägt keine Kleider.
Na dann …
Videos zum Sokal Squared Skandal:
Eine kurze Dokumentation von James Lindsey (absolut sehenswert).
Joe Rogan im Gespräch mit Peter Boghossian und James Lindsay.
Quellennachweise:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sokal_Squared
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/0966369X.2018.1475346
https://en.wikipedia.org/wiki/Affilia
https://www.nzz.ch/feuilleton/sokal-squared-wie-ideologisch-tickt-die-uni-ld.1519244