Dieter Nuhr über Sprache und Gendern [Zitat]

„Aber heute muss man so genau aufpassen, was man sagt. Deswegen hat sich auch das Gendern durchgesetzt. In diesem Jahr hat es sich wirklich durchgesetzt. Gegen den Willen der Mehrheit, aber wen interessiert das?

Kaum noch eine Sendung im Fernsehen, in der nicht durch einen Schlusskauf der Sprecher
(…….) innen demonstriert würde, dass man gesinnungstechnisch auf der Seite des Fortschritts ist. Und nicht aufseiten des dummen Publikums, dem das mehrheitlich auf den Sack geht. Ich weiß auch nicht.

Ich freue mich natürlich immer, wenn sich alle gut fühlen und repräsentiert fühlen, und ich weiß nur nicht, ob ich es sinnvoll finde, wenn eine gesellschaftliche Gruppe sprachlich repräsentiert wird durch eine Pause beim Sprechen. Besser wäre es doch, man würde die Pause durch ein deutliches Geräusch ersetzen, um denen, die sich nicht in das binäre Mann-/Frau-Schema einordnen können, lautstark einen Platz zu geben. Das sollte doch kein Problem sein für unsere Journalisten [Geräusch, Anmerk.] innen. Und dass es vielleicht nicht schön klingt oder bisschen kompliziert ist, das ist doch kein Argument, das haben wir doch gelernt.

Nun kann ich dann leider nicht mitmachen beim Gendern, weil Sprache ein intuitiver Teil meiner Persönlichkeit ist und ich nicht bereit bin, meine seit der Kindheit tief ins Unterbewusste eingegangene Art zu sprechen, der politischen Opportunität anzupassen.
Wir leben ja hier nicht in “1984”.

Und ich glaube, der Tisch ist einfach kein Mann. Das ist so.
Die Matratze ist nur selten eine Frau. Bitte, ich will das ja nur erklären.
Ich bohre meine Löcher weiterhin nicht mit der Bohrer*in.

Ich gehe zum Arzt, nicht zur Heilkraft und das Wort Lehrer bezeichnet definitiv nicht einen männlichen Lehrer. Sondern das Wort Lehrer kommt, das muss man den Leuten beim Duden vielleicht mal erklären, die sind ja auch alle nicht mehr so Sprach firm da, das kommt vom Verb lehren. Und aus Verben wird im Deutschen ein Hauptwort, indem man die infinitiv Endung weglässt und stattdessen “e-r” hinten dran hängt.

bohren-Bohrer
lutschen-Lutscher
lehren-Lehrer

Und damit ist dann … ja so einfach ist das … Und dann ist damit die lehrende Person gemeint.  Und erst wenn man an den Lehrer noch die Endung “in” anhängt, wird aus dem geschlechtsneutralen Lehrer eine Frau. Mit anderen Worten: für “weibliche Lehrperson” gibt es ein eigenes Wort, für männliche nicht. Das ist eine Benachteiligung für uns Männer, mit der ich sehr gut leben kann.

Und bitte, nicht, dass wir uns falsch verstehen. Ich bin absolut für Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Männern und Frauen und allen Menschen, die sich da nicht einordnen können. Aber Sprache ist ein Kulturgut. Und das ist heute offensichtlich überhaupt kein Argument mehr. Heute muss alles angepasst sein, auch die Sprache, gnadenlos.

Die Organisation PETA hat dieses Jahr mal wieder gefordert, die Sprache von tierfeindlichen Redewendungen zu reinigen. Man soll (bitte, das ist jetzt ernst, was ich hier sage), man soll nicht mehr sagen: „Mit dem habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen“, wegen Hühnerdiskriminierung.  Man soll lieber vegane Begriffe benutzen, wie: „Mit dem habe ich noch ein Weinblatt zu rollen“. Das ist kein Scherz, das ist ein ernst gemeinter Vorschlag.
Und man soll auch nicht mehr „die Katze aus dem Sack lassen“, wobei ich mich frage, ist es nicht vielmehr Tierquälerei, die Katze im Sack drin zu lassen?

In welcher Anstalt muss man sein, um auf so was zu kommen? Vor allem, wie lange muss man nicht mehr draußen gewesen sein? Ich mein, wie bekloppt kann es noch werden?“

Dieter Nuhr

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