Ein Kommentar zur Europawahl 2019 (cui bono?)
Vom 18. Januar bis zum 20. Januar 2019 fand die Klausurtagung der Berliner SPD-Fraktion mit immerhin 100 Personen statt.[1] Der Tagungsort war das Hotel „Yachthafenresidenz Hohe Düne“,[2][3] ein Viersternehotel mit 5 Bars und 6 Restaurants, eines davon mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Mit den Steuergeldern der Bürger wird ein Luxus Hotel bezahlt, in dem dann Politiker darüber beraten, wie sie nun endlich dafür Sorge tragen können, dass die Bürger mehr Geld in der Tasche haben. Ein Stück Realsatire, aufgeführt von Rolex-Sozialisten. Wo auch sonst lässt es sich denn besser über die Armut der Anderen, den Mindestlohn, Altersarmut und Pflege, Obdachlosigkeit (Punkt 3.1) oder andere soziale Probleme unserer Gesellschaft reden, als in einem Viersternehotel und auf Kosten derer, über deren „Würde“ man nun dringend mal wieder so kurz vor den Wahlen reden muss?
Aber bitte sprechen Sie nicht über das Fehlverhalten der SPD, denn das könnte den „Rechten“ helfen. Es wäre besser diese Tür zuzulassen, sonst könnten mit dem frischen Wind auch neue Gedanken in die linke Echokammer kommen.
Wasser Predigen, Wein trinken
Es war eben jene Berliner SPD-Fraktion,[4] die sich schon im September 2018 dafür ausgesprochen hat, die Einkommen der im öffentlichen Dienst Beschäftigten zu erhöhen (bzw. die Einkommen an die Zahlungen des Bundes anzupassen).
„Der Plan gehe vor allem von der SPD-Fraktion aus, bestätigte eine Sprecherin der Berliner SPD. Die Partei unterstütze das Vorhaben. Auch die Höhe des Mindestlohnes wollen die Hauptstadt-Genossen deutlich anheben. Bis Ende 2021 soll er auf 12,63 Euro steigen.“
www.sueddeutsche.de | 08. September 2018
Und im März 2019 war es dann auch soweit:
Die Medien berichteten über eine Erhöhung der Einkommen der im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen. 8% in drei Stufen bis 2021.[5] Eine „Spektakuläre Einigung“ nannte es der Deutschlandfunk ohne jede Ironie.[6] Da haben die Vertreter der Arbeitgeber bestimmt gekämpft wie die Löwen, um diese Entwicklung zu verhindern. Oder nicht? Die Vertreter der Arbeitgeber im öffentlichen Dienst sind die Vertreter (…) von Bund, Ländern und Kommunen. Also zum Beispiel die SPD selbst, die bereits zuvor eine Erhöhung forderte.
Der Verhandlungsführer der Länder, also der „Arbeitgeber“ Seite (…) war der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD),[7] dessen Fraktion diese Erhöhung zuvor selbst gefordert hatte. Da stellt sich dann doch die berechtigte Frage, wer hat da eigentlich mit wem „verhandelt“, wen alle dasselbe fordern? Eine Wahlkampfinszenierung?
Eine Wettbewerbsverzerrung
Politisch hat die SPD ihren Wählern schon lange nichts Neues mehr anzubieten. Vielleicht wird darum jetzt, als Mitteln der Public Relations (PR), einfach mit dem Geldbündel gewunken. Politische Defizite werden gerne mit dem Geld anderer Leute oder durch den Einsatz von Polizisten auf der Straße ausgeglichen. 42% der Parteimitglieder der SPD sind im öffentlichen Dienst beschäftigt.[8] Diese werden noch vor der Europawahl 2019 (vom 23. Mai bis zum 26. Mai) mindestens 175 Euro mehr Lohn bekommen (nicht zu vergessen die drei Landtagswahlen 2019). Demnach hat die SPD also doch etwas aus dem historischen Tief („das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte“)[9] bei der Bundestagswahl 2017 gelernt. Sie manipulieren keine Wahlen, sie manipulieren die Wähler durch eine Wettbewerbsverzerrung, denn kleinere Parteien können ihren Wählern solche „Geschenke“ nicht anbieten.
Ebenfalls 42% der Parteimitglieder der SPD Mitglieder sind in Gewerkschaften organisiert und der Anteil der Arbeiter in der Arbeiterpartei liegt nur noch bei 16%.[8]
Kosten
Kostengünstig wird es für die Steuerzahler jedenfalls nicht werden.
Auf etwa 10 Milliarden Euro wird das bei Laune halten der Parteimitglieder geschätzt.[10] Allein für Hamburg könnten es zusätzliche Kosten von mehr als 420 Millionen Euro werden.[11]
Die SPD ist zu einem Versorgungsverein geworden und das Konzept wurde nun auch auf Mitglieder, bzw. Wähler erweitert.
Ämter und Posten sind für linientreue Parteisoldaten (Apparatschiks) und diese brauchen keine anderen Qualifikationen, als Parteimitglied zu sein (Vgl. Nahles). Dafür engagieren die Regierungen dann zusätzliche Berater für mehrere hundert Millionen Euro, um die durch Inkompetenz und fehlenden Fachkenntnisse entstandenen Defizite wieder auszugleichen. Da wird dann letztendlich für Aufgaben doppelt bezahlt. Kein privatwirtschaftliches Unternehmen würde so Handeln. Aber die SPD gibt das Geld anderer Leute aus und das ist der Unterschied. Warum also sollte es die Parteien Kümmern, solange noch jemand diese Parteien wählt? Zugegeben, die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes haben eine gute Entschuldigung die SPD zu wählen. Sie bekommen Geld.
Die Gewerkschaften argumentierten mit den hohen Haushaltsüberschüssen der Länder – rund elf Milliarden Euro allein 2018. Die Länder wird der neue Tarif insgesamt rund sieben Milliarden Euro in den kommenden Jahren kosten.
04.03.2019 | www.morgenpost.de [12]
Der Schuldenstand der Bundesrepublik Deutschland betrug am 31. Dezember 2017 insgesamt 1.967,4 Milliarden Euro, davon entfallen 1.242,5 Milliarden Euro auf den Bund,
586,4 Milliarden Euro auf die Länder und
138,0 Milliarden Euro auf die Kommunen sowie
0,4 Milliarden Euro auf die Sozialversicherung.
www.wikipedia.de [13]
Einen Überschuss von 11 Milliarden kann ich nicht entdecken.[13][14]
Outsourcing von Kosten (anderes Beispiel)
GroKo-Überraschung für Verleger: Union und SPD senken Rentenbeitrag für Zeitungszusteller
Allerdings verweisen die Verleger schon länger auf das Problem, dass sich eine flächendeckende Belieferung von Tageszeitungen – vor allem in ländlichen Regionen – bei diesen Gehaltskosten nicht mehr wirtschaftlich darstellen ließe. Eine Situation, für die auch CDU/CSU und SPD offenbar Verständnis haben. Und so findet sich im siebten Kapitel (“Soziale Sicherheit gerecht und verlässlich gestalten”), des frisch ausgehandelten Koalitionsvertrags unter dem Unterpunkt “Rente”, ab Zeile 4323 folgender Absatz:
Zur Sicherung der bundesweiten Versorgung mit Presseerzeugnissen für alle Haushalte – in Stadt und Land gleichermaßen – wird bei Minijobs von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern der Beitrag zur Rentenversicherung, den die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu tragen haben, befristet für die Dauer von fünf Jahren bis zum 31. Dezember 2022, von 15 auf 5 Prozent abgesenkt.
www.meedia.de | 20.02.2018[16][17]
Die Beteiligungen der SPD an den Verlagen
So ist die SPD vollständiger Eigentümer der Verlagsgruppe DDVG. Die DDVG wiederum ist an weiteren Verlagshäusern beteiligt. So verdient die SPD am Verkauf zahlreicher Tageszeitungen – von den “Cuxhavener Nachrichten” über die “Hannoversche Allgemeine” und “Leipziger Volkszeitung” bis hin zur “Sächsischen Zeitung”. Die DDVG verzeichnete 2007 noch einen Jahresüberschuss von 17 Millionen Euro. Davon gingen elf Millionen Euro an die SPD. 2016 war der Jahresüberschuss deutlich geringer und die Ausschüttung an die SPD belief sich noch auf vier Millionen Euro.
Ist das ein Interessenskonflikt für die SPD? Die SPD bemüht sich klarzustellen, dass für die Zusteller keine Nachteile entstehen würden. “Es ist vereinbart, dass die Absenkung des Arbeitgeberanteils zu den Rentenbeiträgen aus Bundesmitteln finanziert wird“, so eine SPD-Sprecherin. Verdi hingegen sehe nicht, wie eine solche gesetzliche Regelung rechtssicher umgesetzt werden soll.
www.mdr.de | 11.04.2018[18]
Für die Zusteller entstehen demnach keine Nachteile, nur für die Steuerzahler. Sozialdemokratische Realsatire. Na dann …
Anmerkung 1:
Otto Ebnet (SPD) war von 2001 bis 2006 Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Zu dieser Zeit soll er, so der Verdacht, dem Unternehmer Per Harald Lökkevik dabei geholfen haben, einen Subventionsbetrug zu begehen. Das Bauvorhaben, das Hotel Hohe Düne, wurde anscheinend in zwei Projekte geteilt um dadurch mehr Fördergelder zu bekommen, als für ein einzelnes großes Projekt. Schaden für die Landeskasse: 32 Millionen Euro. 2019 beginnt eine neue Verhandlung, u. a. gegen Otto Ebnet.
Anmerkung 2:
Lesen Sie hierzu auch den Beitrag Das Modell der „Kartellparteien“.
Update (von 17.03.2019)
Am 17.03.2019 erschien ein Interview[19] mit der Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Der folgende Auszug zeigt sehr deutlich, wie weit sich die „Arbeiterpartei“ (16%) inzwischen von den Bürgern entfernt hat.
WELT AM SONNTAG: Kommen wir zur SPD. Warum sollte ein Facharbeiter sie heute noch wählen?
Giffey: Weil die SPD etwas für die Facharbeiter tut. Die SPD war schon immer die Partei der Arbeit und die Partei der Arbeitenden. Unser Grundsatz ist: Arbeit muss sich lohnen. Deswegen wollen wir auch gerade die Familien stärken, in denen die Eltern arbeiten, aber nur ein kleines Einkommen haben.
www.welt.de | 17.03.2019
Ein klassisches Totschlagargument (Killerphrase): „Das haben wir schon immer so gemacht“.[20] Wie aus dem Rhetorik Lehrbuch. Da kommt auch ausser Scheinargumenten nichts mehr.
Update 2 (von 20.03.2019)
Die Versorgungspartei.
Der SPD Politiker Thorsten Schäfer-Gümbel will sich aus der Politik (Fraktionschef im Wiesbadener Landtag) zurückziehen. Sein neuer Job: Personalvorstand bei der staatseigenen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) mit einem Jahresgehalt von 200.000 Euro. Qualifikationen? Wurde der Posten ausgeschrieben? [21][22][23]
Rolex-Sozialisten in staatseigenen Betrieben. Sonst will die auch keiner mehr.
Quellennachweise:
[1]
https://www.spdfraktion-berlin.de/seite/klausurtagung-2019
[2]
https://www.morgenpost.de/berlin/article216247819/Berliner-Probleme-am-Ostseestrand.html
[3]
https://www.hohe-duene.de/
[5]
https://www.oeffentlichen-dienst.de/news/313-tarifrunde-2019/2333-tv-l-2019.html
[7]
https://www.spdfraktion-berlin.de/abgeordnete/k?wahlperiode=293
[10]
http://www.taz.de/!5563836/
[13]
https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsverschuldung_Deutschlands
[14]
https://www.smava.de/eurozone-schulden-uhr/
[15]
https://www.bundeswahlleiter.de/service/glossar/w/wahlwerbung.html
[16]
https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?file=1
Anmerkung 1
http://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Investor-Loekkevik-erneut-vor-Gericht
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Ebnet
Anmerkung 2:
Das Modell der “Kartellparteien”
Update (17.03.2019)
[20]
https://de.wikipedia.org/wiki/Totschlagargument
Update 2 (von 20.03.2019)
[22]
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Gesellschaft_f%C3%BCr_Internationale_Zusammenarbeit
[23]
https://www.giz.de/de/html/index.html