[IFG] Gefährdung durch Uranmunition (1)

Am 16.06.2016 habe ich eine Anfrage zum Thema Gefährdung (der Öffentlichkeit und von Soldaten) durch Uranmunition an das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) gestellt. Die Anfrage erfolgte nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und wurde ohne Ausschlussgründe und “kostenlos” beantwortet.

Die Antwort kam dann am 18.08.2016 in Form eines PDF Dokuments, dass nicht als Text, sondern nur als Bild lesbar war. Das macht das Verarbeiten solcher Dokumente (unnötig) unmöglich. So musste der gesamte Text nochmals abgeschrieben werden.

Eine Nachfrage zum Verständnis einiger Aussagen ist in Arbeit.
Die kompletten Unterlagen können unter info@skynetblog.de angefragt werden.


Im Folgenden die Fragen und Antworten der Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vom 16.06.2016, ohne Anmerkungen und Kommentare.
Gefährdung durch Uran-Munition.


Die Fragen im Überblick:

1. In welchem Jahr hat die Bundeswehr zuletzt Uran-Munition (im Einsatz oder zu Übungszwecken) verwendet?

2. Gibt es eine Gefährdung deutscher Soldaten bei gemeinsamen Einsätzen mit NATO Verbündeten, wenn diese befreundeten Truppen Uran-Munition bei gemeinsamen Einsätzen verwenden?

3. Durch welche konkreten oder vorsorglichen Maßnahmen wird eine Gefährdung bei diesen gemeinsamen Einsätzen ausgeschlossen?

4. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition bei gemeinsamen Einsätzen zum Einsatz kommt und wenn ja, bei welchen Einsätzen?

5. Gibt es eine Gefährdung deutscher Soldaten bei gemeinsamen Übungen mit NATO Verbündeten, wenn diese befreundeten Truppen Uran-Munition bei gemeinsamen Übungen verwenden?

6. Durch welche konkreten oder vorsorglichen Maßnahmen wird eine Gefährdung bei diesen gemeinsamen Übungen ausgeschlossen?

7. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition bei gemeinsamen Übungen zum Einsatz kommt und wenn ja, bei welchen Übungen?

8. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition von NATO Partnern bei Übungen in Deutschland verwendet wird?

9. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition von NATO Partnern durch Deutschland transportiert wird?

10. Was unternimmt das BMV um Erkenntnisse zu bekommen, ob Uran-Munition von NATO Partnern durch Deutschland transportiert wird?

11. Wann und von wem wurde zuletzt Uran-Munition durch Deutschland transportiert?

12. Ist dem BMV bekannt, wo in Deutschland Uran-Munition von NATO Partnern zurzeit gelagert wird?

13. Gab es in den letzten zehn Jahren nach Erkenntnissen des BMV Unfälle mit Uran-Munition (z. B. Verkehr) innerhalb Deutschlands?

14. Gibt es nach Erkenntnissen des BMV eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung durch zurückliegende Transporte, Lagerung oder Verwendung von Uran-Munition durch NATO Partner?

15. Wie ist die jetzige Haltung des BMV zum Thema Ächtung von Uran-Munition?

Ihre Frage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vom 16.06.2016

Ihre Anfrage vom 16. Juni 2016, in der Sie um Auskunft hinsichtlich der Verwendung von Depleted Uranium – Munition (DU-Munition) bitten, beantworte ich wie folgt:

1. In welchem Jahr hat die Bundeswehr zuletzt Uran-Munition (im Einsatz oder zu Übungszwecken) verwendet?

Die Bundeswehr hat zu keinem Zeitpunkt Depleted Uranium – Munition (DU-Munition) verwendet.


2. Gibt es eine Gefährdung deutscher Soldaten bei gemeinsamen Einsätzen mit NATO Verbündeten, wenn diese befreundeten Truppen Uran-Munition bei gemeinsamen Einsätzen verwenden?

Derzeit sind keine Bedrohungen durch Reste von DU-Munition in den Einsatzgebieten der Bundeswehr bekannt. Verschiedene, umfangreiche, nationale und internationale Untersuchungen durch NATO, UNEP (United Nations Environment Programme), IAEA (International Atomic Energy Agency), WHO (Weltgesundheitsorganisation) sowie durch die Europäische Kommission haben keinen wissenschaftlich nachweisbaren Zusammenhang zwischen DU-Rückständen und einer Gesundheitsgefährdung durch DU-Munition belegen können.


3. Durch welche konkreten oder vorsorglichen Maßnahmen wird eine Gefährdung bei diesen gemeinsamen Einsätzen ausgeschlossen?

Im Rahmen der Kontingentausbildung werden Soldatinnen und Soldaten über die theoretisch mögliche, geringgradige Risikoerhöhung informiert und über etwaige Schutzmaßnahmen unterrichtet. Mit dem Ziel des Ausschlusses eines Restrisikos wird seit 2001 in der einsatzvorbereitenden Kontingentausbildung im Rahmen der Ausbildung „Mine-Awareness“ dieser Bereich als vorbeugende Schutzmaßnahme unterrichtet.
Trotz eines fehlenden wissenschaftlich nachweisbaren Zusammenhangs zwischen DU-Rückständen und einer Gesundheitsgefährdung durch DU-Munition werden präventiv Handlungsanweisungen gegeben, die den im Einsatz befindlichen Soldatinnen und Soldaten Handlungssicherheit für den konkreten Fall geben, dass diese möglicherweise auf Reste aus früheren Kampfhandlungen (z.B. in Ex-Jugoslawien) stoßen. Diese Handlungsanweisungen decken die Bandbreite von der Anweisung, Munition oder Munitionsteile nicht unnötig zu berühren bis zur Weitermeldung an den örtlichen Führer und die Durchführung persönlicher Schutzmaßnahmen ab.
Ansonsten gilt: Wenn eine Annäherung an eine Potentiell kontaminierte Stelle unvermeidbar ist, verhindert das Tragen von Staubschutzmasken oder ABC-Schutzmaske zuverlässig die Aufnahme von uranhaltigen Stäuben. In neuen Einsatzgebieten der Bundeswehr werden dann entsprechende Untersuchungen durchgeführt, wenn der Verdacht besteht, dass im betreffenden Raum in der Vergangenheit DU-Munition eingesetzt wurde.


4. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition bei gemeinsamen Einsätzen zum Einsatz kommt und wenn ja, bei welchen Einsätzen?

Bosnien-Herzegowina 1994/1995:
In Bosnien und Herzegowina wurden an zwei Tagen im August und September 1994 und an 17 Tagen im August/September 1995 insgesamt rund 10.800 Schuss DU-Munition durch US-Streitkräfte verschossen, alle in einem Umkreis von 20 Kilometern im Umkreis um Sarajevo.

Kosovo 1999:
Während der NATO-Luftschläge gegen die Bundesrepublik Jugoslawien wurden im Kosovo zwischen dem 6. April und dem 11. Juni 1999 rund 31.000 Schuss DU-Munition ausschließlich von amerikanischen Kampfflugzeugen A-10 abgefeuert. Konkretere Informationen, in welchen Situationen und in welchem Umfang bei den Einsätzen auf dem Balkan DU-Munition eingesetzt wurde, liegen nicht vor.


5. Gibt es eine Gefährdung deutscher Soldaten bei gemeinsamen Übungen mit NATO Verbündeten, wenn diese befreundeten Truppen Uran-Munition bei gemeinsamen Übungen verwenden?

Übungen werden grundsätzlich nicht unter Nutzung von „Gefechtsmunition“ durchgeführt. Für Übungen werden Duellsimulationssysteme und entsprechende „Manövermunition“ genutzt.
Gefechtsmunition der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte wird nur für explizit geplante Schießvorhaben genutzt. DU-Munition wird dabei seitens der Bundeswehr nicht verwendet. Auch wenn es keinen wissenschaftlich nachweisbaren Zusammenhang zwischen DU-Rückständen und einer Gesundheitsgefährdung durch DU-Munition gibt, gelten für Vorhaben grundsätzlich allgemeine Sicherheitsbestimmungen, die ausschließen, dass Soldaten in irgendeiner Weise gefährdet werden.


6. Durch welche konkreten oder vorsorglichen Maßnahmen wird eine Gefährdung bei diesen gemeinsamen Übungen ausgeschlossen?

Siehe Antwort zu Frage 5.


7. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition bei gemeinsamen Übungen zum Einsatz kommt und wenn ja, bei welchen Übungen?

Siehe Antwort zu Frage 5.


8. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition von NATO Partnern bei Übungen in Deutschland verwendet wird?

Siehe Antwort zu Frage 5.


9. Ist dem BMV bekannt, ob Uran-Munition von NATO Partnern durch Deutschland transportiert wird?

Abgereichertes Uran allein falle unter die UN Nummer 2909 (Radioaktive Stoffe, freigestelltes Versandstück – Fabrikate aus natürlichem Uran oder aus abgereichertem Uran oder aus natürlichem Thorium), allerdings muss gemäß Europäischem Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) 2.1.3.5.3 die überwiegende Gefahr bestimmt werden. Da es sich um Munition handelt, über wiegt die Gefahr der Klasse 1, somit finden Bezettelung und Kennzeichnung als Klasse 1 statt (ADR 5.3.2.3.1). Folglich lässt sich aus der Kennzeichnung eines Gefahrguttransportes nicht ableiten, ob DU-Munition transportiert wird, da die enthaltenen Explosivstoffe die überwiegende Gefahr darstellen. Vergleichbares gilt für die anderen Transportmethoden durch Deutschland.


10. Was unternimmt das BMV um Erkenntnisse zu bekommen, ob Uran-Munition von NATO Partnern durch Deutschland transportiert wird?

Hier sind zwei verschiedene Sachverhalte zu betrachten. Einmal die Beantragung des Transits in/durch Deutschland, dabei das Vorhandensein von Gefahrgütern und als zweiter Sachverhalt die Beantragung des Transports von gefährlichen Gütern (Bedarfstransport).

Zum ersten Sachverhalt:
Die Antragsteller liefern gegenüber dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) Referat GS III 1, Angaben zum Gefahrgut. Diese werden dann entsprechend geprüft (vgl. Hintergrundgrafik).

Grafik_Frage10
Zum zweiten Sachverhalt:

Im Rahmen des Bedarfstransportes stellt sich der Ablauf wie folgt dar:
Im Logistikzentrum der Bundeswehr wird der Eingang einer Transportanforderung durch ausgebildetes Personal (Gefahrgutausbildung für alle Verkehrsträger) überprüft und qualitätsgesichert. Dies geschieht im Rahmen verschiedener, vom Bedarfsträger erfolgter Angaben hinsichtlich der Versenderpflichtaufgaben, als sogenannte Deklaration für VS-Mat, KrWaffKontrG oder Gefahrgut.
Diese genannten Sonderangaben müssen bei Vorhandensein der Güter mit „Ja“ beantwortet werden, bei Gefahrgut muss eine zweite Seite (Angaben zum Gefahrgut) befüllt werden.

Hier werden alle Angaben wie z.B. UN-Nummer, Klasse, Beförderungskategorie, Name usw. abgefragt.
Nach Abschluss aller erforderlichen Maßnahmen/Prüfungen wird der Verkehrsartentscheid getroffen und der transport an das jeweilige zuständige Dispositionsdezernat systemtechnisch übergeben.
Transportanforderungen von NATO-Partnern werden nur über das Movement Coordination Center Europe (MCCE) angemeldet. Sobald das MCCE einen Transit von Gefahrgut durch Deutschland veranlasst, gelten wieder die Bedingungen des ersten Abschnitts.


11. Wann und von wem wurde zuletzt Uran-Munition durch Deutschland transportiert?

Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor.
Wie unter 9. Ausgeführt ist bei einem gem. ADR korrekt gekennzeichneten Gefahrguttransport nicht erkennbar, ob Geschosskerne Wolfram, Stahl oder DU enthalten, da diese Unterscheidung auf die Einstufung des Gefahrguts keinen Einfluss hat.


12. Ist dem BMV bekannt, wo in Deutschland Uran-Munition von NATO Partnern zurzeit gelagert wird?

Hierzu liegen dem BMVg keine Erkenntnisse vor.


13. Gab es in den letzten zehn Jahren nach Erkenntnissen des BMV Unfälle mit Uran-Munition (z. B. Verkehr) innerhalb Deutschlands?

Hierzu liegen dem BMVg keine Erkenntnisse vor.


14. Gibt es nach Erkenntnissen des BMV eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung durch zurückliegende Transporte, Lagerung oder Verwendung von Uran-Munition durch NATO Partner?

Dem BMVg liegen keine Erkenntnisse zur gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung durch zurückliegende Transporte, Lagerung oder Verwendung von Uran-Munition durch NATO-Partner vor.
Vorschriftsmäßiger Transport und Lagerung von DU-Munition ist nicht mit einer zur gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung verbunden.
Bezüglich der Verwendung von DU-Munition wird auf die Antwort zur Frage 2. Verwiesen.


15. Wie ist die jetzige Haltung des BMV zum Thema Ächtung von Uran-Munition?

Die Bundeswehr besitzt keine Munition mit abgereichertem Uran. Das Bundesministerium der Verteidigung verfolgt den Stand der Forschung hierzu aufmerksam und begrüßt weitere wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema durch renommierte Wissenschaftler und Forschungsinstitute. Das Institut für Radiobiologie der Bundeswehr wertet mit Partnerforschungseinrichtungen fortlaufend aktuelle Publikationen zu dem Thema aus. Verschiedene Umfangreiche nationale und internationale Untersuchungen u.a. des Weltumweltprogramms der Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergiebehörde, der Weltgesundheitsorganisation sowie durch die Europäische Kommission haben keinen wissenschaftlich nachweisbaren Zusammenhang zwischen DU-Rückständen und einer Gesundheitsgefährdung durch DU-Munition belegen können. Daher besteht ein völkerrechtliches Verbot des Einsatzes von Munition mit abgereichertem Uran nicht. Auch das Internationale Komitee des Roten Kreuzes hat angesichts der Faktenlage bislang keinen Anlass gesehen, ein Moratorium für diese Munition einzufordern.

Die Bundesregierung nimmt diese sachliche Auseinandersetzung um mögliche Auswirkungen des Einsatzes von Munition mit abgereichertem Uran sehr ernst. Die von Indonesien und den blockfreien Staaten 2014 in die Generalversammlung der Vereinten Nationen eingebrachte Resolution zu den „Auswirkungen des Einsatzes von Waffen und Munition, die abgereichertes Uran enthalten“ spiegelt zum Bedauern der Bundesregierung den aktuellen Forschungsstand zum Thema nicht angemessen wieder. Die Kernaussage der einschlägigen Untersuchungen, dass Reste von abgereichertem Uran in der Umwelt kein radiobiologisches Risiko für die Bevölkerung vor Ort darstellten, fand darin leider keine Berücksichtigung. Aus diesem Grund hatte Deutschland bereits der Vorgängerresolution im Jahr 2012 nur mit Einschränkungen zugestimmt und sich im Jahr 2014, so wie andere EU-Partner auch, dazu entschieden, sich bei der Abstimmung zu enthalten. In beiden Fällen wurden die obigen Beweggründe ausführlich in einer begleitenden Stimmerklärung dargelegt.

Die Bundesregierung sieht nach wie vor die Notwendigkeit, die Auswirkungen des Einsatzes von Munition mit abgereichertem Uran wissenschaftlich zu untersuchen und misst hierbei insbesondere internationalen Organisationen, deren Studien wissenschaftlich unabhängig und neutral erfolgen, eine besondere Rolle zu.

Kosten werden nicht erhoben.


Hier finden Sie den zweiten Teil mit den Ergänzungen und Antworten zu meiner Nachfrage vom 28.08.2016.

 

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