[update] Proteste gegen US-Stützpunkte

Am 01.05.2016 habe ich hier die Dokumentation “Die geheime Strategie der US Militärbasen” empfohlen. In dem Beitrag habe ich über die industrielle und die militärische Expansion der USA geschrieben um zu zeigen, warum beides zusammenhängt.

Die Dokumentation zeigt auch, dass es viele Menschen auf der Welt gibt, die die Soldaten der USA nicht als Befreier, sondern als Besatzer ansehen.

Aber meistens lässt sich die Welt nicht so einfach in schwarz und weiß einteilen.


Ein Update.

Die Menschen, die auf der Insel Okinawa (Okinawa Hontō) Leben haben viele Gründe, warum sie die US-Armee nicht in ihrer “Nachbarschaft” wollen. Es ist der Fluglärm, der den Schulunterricht stört und die Angst davor, dass eine der amerikanischen Maschinen abstürzen könnte. Die Luft- und Umweltverschmutzung. Die Bevölkerung Okinawas macht die US-Truppenpräsenz für mehr Kriminalität verantwortlich. [1] Dazu kommen die vielen kleinen Probleme des Zusammenlebens von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen.

Und dann gibt es noch die ganz großen Probleme. Als im September 1995 ein 12-jähriges Mädchen von drei US Soldaten vergewaltigt wurde, wurde eine Kettenreaktion ausgelöst.

“Die Vergewaltigung löste einen Proteststurm unter der Bevölkerung Okinawas aus, der weder durch die freiwilligen Selbstzichtigungen der amerikanischen Basis noch durch offizielle Entschuldigungen seitens des US-Botschafters Walter Mondale, des Außenministers Warren Christopher und sogar des US-Präsidenten Bill Clinton gebändigt werden konnte. Tausende Japaner gingen auf die Straße und forderten den Abzug des amerikanischen Militärs und der auf der Insel stationierten atomaren Waffen.”
Quelle:  www.welt.de  |  19.04.1995  |  Japan läuft Sturm gegen die US-Armee [2]


Und nach 20 Jahren kommt Okinawa immer noch nicht zur Ruhe.

Während die japanische Regierung mit Washington Geschäfte machen will und gleichzeitig darum bemüht ist, endlich wieder aufzurüsten [3], geraten die Bürger zwischen die Mühlen.

Okinawa macht keine 0,5 % der japanischen Landfläche aus, beherbergt aber 74 % der US-Militärbasen und etwa 50 % der US-Streitkräfte in Japan. 50.000 US-Soldaten [5] leben in 40 Militärbasen zusammen mit 1,23 Millionen Okinawern auf 1208,19 km². Die Menschen wollen nicht länger mit dieser Situation leben, aber beiden Regierungen sind die Bürger und deren Bürgerrechte nicht so wichtig wie die Geschäfte die sie miteinander machen. Okinawa ist für die Amerikaner von großer geostrategischer Bedeutung aufgrund der Nähe zu Taiwan und Nordkorea. Ein “unsinkbarer Flugzeugträger“. [6]


“Auch wenn das Besatzungsrecht mittlerweile revidiert wurde, so bleibt Okinawa mit seinen 1,2 Millionen Einwohnern noch immer die ärmste Präfektur Japans. Die steigende Kriminalitätsrate unter den Marines (4700 Vorfälle, darunter 21 Morde, in den vergangenen 20 Jahren) und der Totschlag einer 24jährigen Frau im Mai dieses Jahr füllten zusätzlich das Faß bis zum Rand.
Die jüngste Vergewaltigung brachte es schließlich zum Überlaufen.”

Quelle:  www.welt.de  |  19.04.1995  |  Japan läuft Sturm gegen die US-Armee [2]


Den US-Stützpunkt in ein Naturschutzgebiet verlegen

Der Protest ist nicht neu, gewinnt aber zusehends an Schärfe. Ein Auslöser dafür war ironischer Weise das Angebot der USA, ihren größten und lautesten Flugplatz aus dem dicht besiedelten Wohngebiet Ginowan zu verlegen. Die Ankündigung aus dem Jahr 1997 war eine Reaktion auf Massenproteste wegen der brutalen Vergewaltigung eines 12-jährigen Mädchens durch drei US-Soldaten. Doch während die empörte Bevölkerung verlangte, den Luftwaffenstützpunkt zu schließen, boten die USA lediglich den Umzug in ein weniger dicht besiedeltes Gebiet weiter im Norden an. Dort, in der noch weitgehend unzerstörten Henoko-Bucht, wollen sie Erde aufschütten, um darauf neue Landebahnen zu bauen. Doch dort ist der Widerstand nicht geringer als am alten Standort. Wortführerin ist die Schriftstellerin Urashima Etsuko: “Das ist doch gar keine Verlegung! Die alte Airbase stammt von 1945. Sie platzt aus allen Nähten. Deswegen wollen die Amerikaner hier eine ganz neue, moderne Luftwaffenbasis schaffen, die 100 Jahre lang benutzt werden soll. Wenn wir diesem Projekt zustimmen, dann wäre das ein Verbrechen an der Natur und an unseren Nachkommen.”

Frau Etsuko verweist auf wertvolle Korallenriffs und Dugongs, seltene Meeressäuger, die sich in der Bucht tummeln und die sie nicht einer weiteren Militäreinrichtung opfern will. Immerhin gibt es schon 40 US-Camps auf der Insel. Doch eigentliche Gegner sei nicht die amerikanische Regierung, sondern die japanische. Etsuko: “Es ist der japanische Staat, der uns im Stich lässt. Okinawa wurde schon immer von Tokio diskriminiert, wir waren immer die Opfer. Aber seit Shinzo Abe Regierungschef ist, ist es schlimmer denn je. Abe denkt nicht an uns, sondern nur an den Schutz seiner Hauptinseln. Wie im Krieg soll Okinawa nur ein Puffer sein für Japan. Ganz klar: Abe ist unser Hauptgegner.”

Quelle:  www.deutschlandfunk.de  |  19.04.2014  |
US-Airbase Okinawa – Japaner fühlen sich wie Fremde im eigenen Land [3]


Der Deutschlandfunk weiter:

“Aktuelle Umfragen besagen, dass 84 Prozent der Bürger Okinawas gegen den Umzug der Luftwaffenbasis sind, nur 9 Prozent dafür.”

“Sie machen die Amerikaner nicht nur für Lärm und Unfälle verantwortlich – allein 43 Flugzeugabstürze seit 1972 – sondern auch für Diebstähle und Gewalttaten, die aber nicht der japanischen, sondern der amerikanischen Gerichtsbarkeit unterliegen und – wenn überhaupt – sehr milde geahndet werden. Unter den mehr als 100 Vergewaltigungen überwiegend junger Frauen und Kinder löste ein Fall helle Empörung aus. 1995 war ein 12-jähriges Mädchen von drei Soldaten brutal missbraucht worden. Das war der Auslöser für den organisierten Widerstand der Inselbevölkerung gegen die US-Stützpunkte.”

Quelle:  www.deutschlandfunk.de  |  19.04.2014  |
US-Airbase Okinawa – Japaner fühlen sich wie Fremde im eigenen Land [3]


Protest und Bürgerrechte

Den US-Stützpunkt in ein Naturschutzgebiet [1] zu verlegen, ist vielleicht nicht der beste Gedanke. Wie Unsensibel werden die einen dabei denken, Besatzungsmacht die anderen. Seit 1995 gab es mit Sicherheit die eine oder andere Möglichkeit aufeinander zuzugehen und dadurch für eine bessere Situation zu sorgen. Eine verpasste Chance. Im Juni 2016 kam es erneut zu einem tragischen Verbrechen. Eine junge Frau wurde ermordet. Tatverdächtig ist ein US-Amerikaner und ehemaliger Soldat.

“Zehntausende Japaner haben auf Okinawa gegen die US-Truppen auf ihrer Insel demonstriert. Sie forderten eine Neuverhandlung der amerikanisch-japanischen Sicherheitsvereinbarung. Diese legt fest, dass die meisten US-Soldaten in Japan auf Okinawa stationiert sind.

Auslöser für die Proteste war die Vergewaltigung und Ermordung einer 20-jährigen Japanerin. Ein US-Unternehmer und ehemaliger Marineinfanterist wurde im Zusammenhang mit dem Verbrechen inhaftiert, bisher aber nicht formell der Tat beschuldigt. Viele Demonstranten trugen schwarze Kleidung als Zeichen der Trauer um die Frau.”

Quelle:  www.zeit.de  |  19.06.2016  |
Japan: Zehntausende protestieren gegen US-Militär auf Okinawa  [4]


“Die Demonstration am Sonntag soll die größte seit 20 Jahren gewesen sein. Kleinere und größere Proteste gegen die US-Truppenpräsenz haben zeitgleich auch auf den japanischen Hauptinseln stattgefunden. In Tokyo forderten etwa 10.000 Demonstranten vor dem Parlament eine Änderung des Stationierungsabkommens, das US-Soldaten weitgehend vor der Verfolgung durch die japanische Justiz schützt.”

Quelle:  www.heise.de/tp/news  |  24.06.2016  |  Wolfgang Pomrehn  |
Japan: Proteste gegen US-Stützpunkte  [5]


Stationierungsabkommen und Souveränität

Es lassen sich Parallelen zu Deutschland finden und die Situation erinnert an Ramstein.  Auch hier sollten die Vorwürfe an die Bundesregierung gerichtet werden, nicht an Washington. Es ist die eigene Regierung, in Japan und auch in Deutschland, die ihre Bürger verkauft und alleine lässt. Für die Amerikaner sind dies Strategisch günstige Plätze für Militärbasen. Aus amerikanischer Sicht völlig verständlich.
Für die Anwohner, ein alltägliches Horrorszenario.

Und daraus entwickelt sich eine ganz eigene Dramatik und Dynamik vor dem Hintergrund der langen Geschichte Okinawas um Gleichberechtigung, Anerkennung und Bürgerrechte.

Mit staatlicher Souveränität oder mit Friedensverträgen hat das alles wenig zu tun. Die Welt ist nicht einfach schwarz oder weiß. Wie schon gesagt, verraten und verkauft werden die Bürger meistens von der eigenen Regierung.


“Die japanische Regierung macht dabei Programme zur Wirtschaftsförderung von Entscheidungen in ihrem Sinne abhängig, um so die Bevölkerung für ihre Seite zu gewinnen. So gewährte die Regierung beispielsweise ihrem siegreich aus den Präfektur-Gouverneurswahlen hervorgegangenen Kandidaten, Keiichi Inamine, Mittel, die seinem Vorgänger und Gegner der US-Basen, Masahide Ōta, nach dessen Aussage verwehrt worden waren.”
Quellewww.wikipedia.org  |  Okinawa Hontō  [6]


Und noch ein Update … [ 12.07.2016 ]

Japan: Militaristen gestärkt
“Aus den Oberhauswahlen am Sonntag geht die Regierung der konservativen Liberaldemokraten gestärkt hervor.

In Japan ist Ministerpräsident Shinzo Abe von der Liberaldemokratischen Partei seinem Ziel ein Stückchen näher gerückt, die Landesverfassung zu ändern. Deren Artikel 9, der dem Land Pazifismus verordnet, ist ihm ein besonderer Dorn im Auge.”

Quelle:  www.heise.de/tp/news  |  11.07.2016  |  Wolfgang Pomrehn  |  Japan: Militaristen gestärkt  [7]


Quellennachweise:

[1]
Quelle:  www.tagesschau.de  |  19.06.2016  |  Massenprotest gegen das US-Militär

https://www.tagesschau.de/ausland/japan-usa-okinawa-101.html


[2]
Quelle:  www.welt.de  |  19.04.1995  |  Japan läuft Sturm gegen die US-Armee

http://www.welt.de/print-welt/article662769/Japan-laeuft-Sturm-gegen-die-US-Armee.html


[3]
Quelle:  www.deutschlandfunk.de  |  19.04.2014  |  US-Airbase Okinawa Japaner fühlen sich wie Fremde im eigenen Land

http://www.deutschlandfunk.de/us-airbase-okinawa-japaner-fuehlen-sich-wie-fremde-im.799.de.html?dram:article_id=283192


[4]
Quelle:  www.zeit.de  |  19.06.2016  |
Japan: Zehntausende protestieren gegen US-Militär auf Okinawa

http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-06/japan-okinawa-vergewaltigung-us-militaer-usa


[5]
Quelle:  www.heise.de/tp/news  |  24.06.2016  |  Wolfgang Pomrehn  |
Japan: Proteste gegen US-Stützpunkte

http://www.heise.de/tp/news/Japan-Proteste-gegen-US-Stuetzpunkte-3247959.html


[6]
Quelle:  www.wikipedia.org  |  Okinawa Hontō

https://de.wikipedia.org/wiki/Okinawa_Hont%C5%8D


[7]
Quelle:  www.heise.de/tp/news  |  11.07.2016  |  Wolfgang Pomrehn  |
Japan: Militaristen gestärkt

http://www.heise.de/tp/news/Japan-Militaristen-gestaerkt-3263296.html

 

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