[Vortrag] Andreas Lehner – Der tiefe Staat [30c3]

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Der tiefe Staat beschreibt das System, eines Staates im Staat. Vor der Öffentlichkeit verborgen, arbeiten Geheimdienste, Justiz und andere Gruppen zusammen, um den Staat in ihrem Sinne zu verändern. Hierbei wird oft die Strategie der Spannungen angewendet, um die Gegner des tiefen Staates abzulenken und gegeneinander auszuspielen. Andreas Lehner versucht in seinem Vortrag, diese verdeckten Strukturen in Umrissen sichtbar zu machen.
Den Schwerpunkt in seinem Vortrag, hat Andreas Lehner auf die Überwachungs- und Sicherheitsarchitektur gelegt, die die Bürger insgesamt verdächtigt und zu Opfern der technischen Möglichkeiten macht. Das sich dieses System immer weiter verselbstständigt, ist nicht zu leugnen. Die Überwachung der Bürger wird immer totaler, während die Skandale um die NSA und den BND gezeigt haben, das eine parlamentarische Kontrolle praktisch nicht mehr stattfindet.
Ob der tiefe Staat existiert oder nicht, hängt letztlich nur davon ab, wie der tiefe Staat definiert wird, so Jürgen Roth in einem Interview mit Telepolis. Ursprünglich war mit dem Begriff tiefer Staat, eine Verschwörung zwischen Politik, Militär, Justiz, rechtsextremen und organisierter Kriminalität in der Türkei gemeint. Jürgen Roth wendet den Begriff aber auch auf Deutschland an.

„Ich beschreibe den „tiefen Staat“, so wie er sich heute in Deutschland wie in Europa präsentiert, als eine Struktur jenseits des demokratischen Systems, ohne demokratische Legitimation und ohne parlamentarische Kontrolle. Dazu zähle ich nicht nur Teile von Geheimdiensten oder privaten Sicherheitsunternehmen, sondern auch multinationale Konzerne und Banken. Daher spreche ich auch vom Staat im Staat.

Dazu zählt die direkte Einflussnahme kapitalstarker Lobbyorganisationen auf parlamentarische Entscheidungen. Innerhalb dieser Strukturen spielten und spielen bis zum heutigen Tag prinzipiell nationalkonservative Politiker und rechtsextreme Parteien und Organisationen eine zentrale Rolle sowie im Hintergrund rechtsradikale Terroristen. Diese Strukturen sind seit den fünfziger Jahren eigentlich bekannt und hatten beziehungsweise haben ein gemeinsames Ziel: die erstarkende demokratische liberale Zivilgesellschaft zu zerschlagen während gleichzeitig der Kapitalismus von seinen politischen sozialen und moralischen Auflagen befreit wird.“
Jürgen Roth
Quelle: telepolis  |  04.02.2016  |  Reinhard Jellen


Andreas Lehner setzt in seinem Vortrag die Entwicklungen der Sicherheitsbehörden in einen kritischen Kontext. Wenn z. B. In Sicherheitssoftware Hintertüren eingebaut werden, damit die Dienste einen schnellen Zugang dazu erhalten, macht dies unsere Systeme sicherer? Auch andere könnten Zugriff auf diese gewollten Sicherheitslücken erhalten. Die Enthüllungen um die Software SKYNET zeigen, womit wir in Zukunft rechnen müssen und das eine Kontrolle, gerade auch von Algorithmen immer schwieriger wird.

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Foto: aktion-freiheitstattangst.org/flickr.com/CC BY 2.0

„Der Begriff Tiefer Staat (türkisch: derin devlet) wird in der Türkei in der Bedeutung von Staat im Staate verwendet. Er deutet auf eine im Verlauf mehrerer Jahrzehnte gewachsene konspirative Verflechtung von Militär, Geheimdiensten, Politik, Justiz, Verwaltung, Rechtsextremismus und organisiertem Verbrechen (insbesondere Killerkommandos) hin.

In der Türkei wird weithin davon ausgegangen, dass der Tiefe Staat im Geheimen bis heute eine signifikante Rolle in der türkischen Politik spielt und in der jüngeren Geschichte häufig massiven Einfluss genommen hat.

Die Kontra-Guerilla oder auch Counter-Guerilla gilt als türkischer Zweig der europaweiten, paramilitärischen Geheimorganisation Gladio von NATO und CIA, die 1990 aufgedeckt wurde. Gladio wurde in offiziellen Untersuchungen auch in mehreren anderen europäischen Ländern mit Terrorakten und Morden in Verbindung gebracht, die meist von Rechtsextremisten begangen wurden, insbesondere in Italien in den 1970er und 1980er Jahren.“
Quelle: wikipedia


Auch die Arbeit von Daniele Ganser wird in dem Vortrag erwähnt. Seine Arbeit über die NATO Geheimarmeen zeichnet ein genaueres Bild von dem Staat im Staate (lat.: Imperium in imperio). Auch hier zeigt sich, wie auch in den NSA und NSU Untersuchungsausschüssen, dass das Parlament unterm Strich, kaum willen zur Aufklärung zeigt. Die Strukturen bleiben im Dunkeln.
Es gibt keinen Zweifel daran, dass Gladio an Verbrechen beteiligt war, auch an Bombenanschlägen, also an Morden an der eigenen Bevölkerung. Dabei waren Geheimdienste, auch ausländische Dienste wie die CIA behilflich.
Über die Hintermänner ist dagegen weniger bekannt geworden. Die Strategie der Spannungen beinhaltet u. a. Anschläge unter falscher Flagge (False Flag), also den Versuch, anderen (meist dem politischen Gegner) die Schuld am Anschlag zuzuschreiben. Oder dadurch die vermeintliche Legitimation einer „Reaktion“ abzuleiten.

Die Aktivitäten der Geheimdienste bleiben verborgen. Darum ist es wichtig, eine Mustererkennung zu entwickeln um die Akteure im verborgenen auszumachen und zu verstehen. Der Vortrag von Andreas Lehner kann dabei weiter helfen.


Andreas Lehner – Der tiefe Staat [30c3]

Andreas Lehner | Der tiefe Staat | 27.12.2013 | 0:59:19min | [30c3] | ID#5415 | Ort: Congress Centrum Hamburg (CCH) | Produktion: Chaos Computer Club | Deutsch | Lizenz: CC-BY-NC-SA Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 2.0 Germany License

 

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