[Zitat] Wolfgang Herles über politische Talkshows

„[Die politische Talkshow] ist ein Kasperletheater. Es gibt das Krokodil und die Oma, die müssen aufeinander losgehen. Da werden Sie zu einem Casting eingeladen, wo Ihnen zwanzig Fragen gestellt werden. Dann ruft man Sie zurück und sagt: „Sie passen nicht so ganz ins Konzept.“ Oder Sie passen eben ins Konzept und dann werden die weiteren Gäste vorgestellt. Wenn Sie die Namen hören, wissen Sie, ob Sie das Krokodil oder die Oma sind.“

Wolfgang Herles

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[Zitat] Wolfgang Herles über Intellektuelle im Fernsehen

Intellektuelle im Fernsehen

„Kein Wunder, dass die führenden Intellektuellen, so es sie noch gibt im Land, im Fernsehen kaum zu sehen sind. Ohnehin selten talkshowtauglich, möchten sie nicht gern unter ihrem Niveau Schlagworte produzieren. Ausführliche Gespräche mit Schriftstellern und Wissenschaftlern sind eine Rarität. Das Nachtstudio im ZDF etwa, der einzige Kulturtalk im Hauptprogramm, wurde ersatzlos eingestellt. Das Fernsehen findet nicht mehr heraus aus der Teichwirtschaft der Talkshowkultur, in der das Dogma gilt, dass kein Satz die Masse der Zuschauer überfordern darf. Inzwischen ist der Ruf des Fernsehens so weit ruiniert, dass es mancher gute Kopf als rufschädigend empfände, in einer Talkshow aufzutreten. So kommt es, dass Zuschauer die späte Showkanone Hellmuth Karasek für einen bedeutenden Intellektuellen halten. Sie kennen keinen anderen mehr. Und umgekehrt fällt auf, dass so gut wie kein TV-Journalist mehr zu den angesehensten Intellektuellen des Landes zählt. Das war nicht immer so.

Vor die Kamera drängen Intellektuellendarsteller, Schaumschläger, Patentschwätzer, bei denen der Anzug oft besser sitzt als die Gedanken. Aus guten Gründen gelten Intellektuelle nicht mehr a priori als moralische Autoritäten. Dass sie in der Erregungs- und Unterhaltungsdemokratie keine große Rolle mehr spielen, hat aber andere Gründe. Weder die Schnellfeuerkommentierung der Ereignisse noch die Anpassung an das vorherrschende Gefühl des Publikums sind ihre Sache. So haben sich die intellektuellen Milieus längst zu Recht vom Fernsehen abgewandt, sieht man von wenigen Sendungen in 3sat oder ARD Alpha ab. Das gedruckte Feuilleton wiederum interessiert sich im Zweifel eher fürs Dschungelcamp als für Kultur- oder politischen Journalismus im Fernsehen.“

Wolfgang Herles

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[Zitat] Tsunetomo Yamamoto über die Veränderung der Werte

Die Veränderung der Werte in den vergangenen dreißig Jahren

„Bis vor fünfzig oder sechzig Jahren nahm der Samurai jeden Morgen ein Bad, rasierte seinen Vorderkopf, räucherte sein Haar mit Weihrauch, schnitt seine Nägel, polierte sie mit Bimsstein und glättete sie mit Sauerklee, fein darauf bedacht, nicht seine Erscheinung zu vernachlässigen. Er reinigte seine Waffen und hielt sie poliert und frei von Rost. Erscheint uns das besondere Augenmerk auf die eigene gepflegte Erscheinung heute vielleicht als zu affektiert, so entstammt es doch keiner romantischen Idee. Bereit, jeden Tag im Kampf zu sterben, traten junge wie alte Samurai gepflegt auf, weil sonst ihr toter Körper auf einem Schlachtfeld – entgegen ihrem Wunsch, auf alles vorbereitet zu sein – ganz sicher vom Feind als schmierig verachtet worden wäre. Wenn diese Sitte auch kompliziert und zeitraubend erscheint, beschreibt sie doch genau das, was von einem Samurai erwartet wird; es gibt sonst nichts Besonderes, was mehr Hast oder Zeit brauchte.

Man kann von jeder Gefahr der Schande frei sein, solange man – fest entschlossen, jeden Moment zu sterben, oder sich bereits für tot haltend – sowohl in seinem Dienst als auch beim Ausüben militärischer Tugend sich ernsthaft bemüht. …

In den vergangenen dreißig Jahren geschahen viele Veränderungen. Wann auch immer sich junge Samurai treffen, sie reden nur über finanziellen Reichtum anderer, Gewinn und Verlust, ihr Haushaltsbudget, Kleidung und Sex. Ohne solche Themen fühlen sie sich angespannt. Welch erbärmliche öffentliche Moral jenseits jeder Besserung!

Früher hatten die Zwanzig- und Dreißigjährigen keine solch nichtswürdigen Ideen im Sinn, weshalb auch keine Worte über solche Themen aus ihren Mündern kamen. Selbst ein alter Samurai, der unbewusst so daher plapperte, wurde gewarnt, dass man ihn dafür strafen würde.

Die gegenwärtige öffentliche Moral ist wahrscheinlich auf die tölpelhafte Art zurückzuführen, mit der größtes Gewicht auf finanzielle Angelegenheiten gelegt wird. Solange sich jemand von Luxus fernhält, der seinem Stand unangemessen ist, kann er frei von solchem Denken sein.

Es ist auch verachtenswert, einen sparsamen jungen Mann als guten Haushälter zu bezeichnen. Ein zu sparsamer Geist neigt dazu, die sozialen Verpflichtungen zu versäumen, der Mann endet womöglich als feiger Geizhals.“

Tsunetomo Yamamoto

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[Zitat] Sam Harris – Milliarden glauben, was nur Verrückte von sich aus glauben

„Man bietet uns eine psychopathische und psychotische moralische Haltung an… Sie ist psychopathisch, weil sie sich völlig vom Wohlergehen der Menschen abwendet. Damit lässt sich das Abschlachten von Kindern ganz einfach rationalisieren. Denken Sie nur an die Moslems, die sich in diesem Moment in die Luft sprengen, weil sie überzeugt sind, dass sie Gottes Willen vertreten. Es gibt absolut nichts, was [Dr. Craig] in moralischer Hinsicht gegen ihr Verhalten sagen könnte, abgesehen von seiner eigenen, auf dem Glauben basierenden Behauptung, dass sie zum falschen Gott beten. Wenn sie den richtigen Gott hätten, wäre das, was sie tun, nach der Theorie des göttlichen Befehls gut.

Damit will ich natürlich nicht sagen, dass alle, dass [Dr. Craig] oder alle religiösen Menschen, Psychopathen und Psychotiker sind, aber das ist für mich der wahre Horror der Religion.
Sie ermöglicht es völlig anständigen und gesunden Menschen, zu Milliarden zu glauben, was nur Verrückte von sich aus glauben könnten.

Okay, wenn Sie morgen früh aufwachen und denken, dass ein paar lateinische Worte, die Sie über Ihre Pfannkuchen sprechen, diese in den Körper von Elvis Presley verwandeln, dann haben Sie den Verstand verloren. Aber wenn Sie mehr oder weniger das Gleiche über einen Cracker und den Körper von Jesus denken, sind Sie einfach nur ein Katholik.“

Sam Harris

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[Zitat] Fjodor Dostojewski – Belügen Sie sich nicht selbst

„Belügen Sie sich vor allem nicht selbst. Ein Mensch, der sich selbst belügt und seiner eigenen Lüge zuhört, kommt an einen Punkt, an dem er weder in sich selbst noch in seiner Umgebung eine Wahrheit erkennen kann, und verfällt so in Respektlosigkeit gegenüber sich selbst und anderen. Da er niemanden respektiert, hört er auf zu lieben, und da er keine Liebe hat, gibt er sich den Leidenschaften und groben Vergnügungen hin, um sich zu beschäftigen und zu amüsieren, und erreicht in seinen Lastern die völlige Bestialität, und das alles kommt von der ständigen Lüge gegenüber anderen und sich selbst.

Ein Mensch, der sich selbst belügt, ist oft der Erste, der sich darüber ärgert. Es fühlt sich manchmal sehr gut an, sich zu ärgern, nicht wahr? Und sicher weiß er, dass ihn niemand beleidigt hat, dass er selbst die Beleidigung erfunden und Lügen erzählt hat, nur um der Schönheit willen, dass er um der Wirkung willen übertrieben hat, dass er sich ein Wort herausgepickt und aus einer Erbse einen Berg gemacht hat – all das weiß er, und trotzdem ist er der Erste, der sich beleidigt fühlt, er fühlt sich gerne beleidigt, es macht ihm große Freude, und so erreicht er den Punkt echter Feindseligkeit…

Stehen Sie von Ihren Knien auf und setzen Sie sich, ich bitte Sie, auch diese Haltungen sind falsch.“

Fjodor Dostojewski

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