Synchrone Nachrichtenfrequenz (Michael Haller)

[Bild des Monats #Juni2019] Synchrone Nachrichtenfrequenz

 

Synchrone NachrichtenfrequenzDie Grafik zeigt einen Gesamtjahresüberblick aller Beiträge von tagesschau.de und Spiegel Online zum Thema Flüchtlinge im Jahr 2015.



Diese Kurve bildet erstens den zunächst geringen Stellenwert des Themas und dann die Dramatik der sich überstürzenden Ereignisse und der damit verbundenen Konflikte ab. Auffallend ist, dass die Kurve der Nachrichtenfrequenz zwischen den beiden Webmedien überraschend synchron verläuft, wobei tagesschau.de in der Hochphase den Output von Spiegel Online kurzfristig überholt.

Dieser parallele Verlauf lässt sich mit der Wettbewerbssituation (beide wollen möglichst aktuell möglichst viele News bringen) und mit den für Newsseiten spezifischen Verarbeitungsroutinen (derselbe Input und Newsmanagement) erklären. Eine Rolle spielt vermutlich auch das ähnliche, die Handhabung der Nachrichtenfaktoren prägende Rollen- und Funktionsverständnis des professionellen Newsjournalismus. Stichproben (welt.de und focus.de; siehe auch Teil 3) zeigen, dass Unterschiede im politischen Selbstverständnis der Redaktionen offenbar keinen Einfluss haben.

(Haller et al., OBS 2017, Seite 17)
(Hervorhebungen von skynetblog.de)


Anmerk. Wettbewerbssituation:
Es lässt sich kein Unterschied feststellen, obwohl die ARD (tagesschau.de) von Gebühren finanziert wird. Dennoch zeigt tagesschau.de dasselbe Marktverhalten“, wie die  Konkurrenten, die sich von Werbung/Verkäufen/Abonnenten/usw. finanzieren müssen.
Wenn dem so ist, dass die Verarbeitungsroutinen identisch sind, ist der öffentliche Rundfunk keine Alternative (mehr) zu den privaten Medien.


Bildnachweis / Quellennachweis:
(Synchrone Nachrichtenfrequenz)

Michael Haller
Die Flüchtlingskrise in den Medien

Haller et al., OBS 2017
Seite 18

https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissenschaftsportal/03_Publikationen/AH93_Fluechtingskrise_Haller_2017_07_20.pdf


 

[Zitat] George Orwell über das Ziel von Neusprech

Begreifst du denn nicht, dass Neusprech nur ein Ziel hat, nämlich den Gedankenspielraum einzuengen?

Zu guter Letzt werden wir Gedankendelikte buchstäblich unmöglich machen, weil es keine Wörter mehr geben wird, um sie auszudrücken. Jeder Begriff, der jemals benötigt werden könnte, wird durch exakt ein Wort ausgedrückt sein, dessen Bedeutung streng definiert ist und dessen sämtliche Nebenbedeutungen eliminiert und vergessen sind. Schon jetzt, in der elften Auflage, sind wir nicht mehr weit davon entfernt. Aber der Prozess wird auch dann noch weitergehen, wenn wir beide längst tot sind. Mit jedem Jahr werden die Wörter immer weniger und der Bewusstseinsspielraum wird immer kleiner werden. Natürlich gibt es auch heute schon keinerlei Grund oder Entschuldigung für ein begangenes Gedankendelikt. Das ist lediglich eine Frage der Selbstdisziplin, der Realitätskontrolle. Aber schließlich wird auch das nicht mehr nötig sein. Die Revolution wird vollendet sein, wenn die Sprache perfekt ist.
Neusprech ist Engsoz und Engsoz ist Neusprech! ()

Hast du schon einmal überlegt, Winston, dass allerspätestens im Jahr 2050 auch nicht ein einziger Mensch mehr leben wird, der so eine Unterhaltung wie unsere jetzt verstehen könnte?“


Syme (Sprachwissenschaftler und Spezialist für Neusprech) zu Winston Smith

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[Zitat] Friedrich August von Hayek über „Stimmenkauf“

„Die heute praktizierte Form der Demokratie ist zunehmend ein Synonym für den Prozess des Stimmenkaufs und für das Schmieren und Belohnen von unlauteren Sonderinteressen, ein Auktionssystem, in dem alle paar Jahre die Macht der Gesetzgebung denen anvertraut wird, die ihren Gefolgsleuten die größten Sondervorteile versprechen, ein durch das Erpressungs- und Korruptionssystem der Politik hervorgebrachtes System mit einer einzigen allmächtigen Versammlung, mit dem Wortfetisch Demokratie belegt.“

Friedrich August von Hayek

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[doku] Die geheimen Staaten von Amerika (3.Teile)

Rating:

Die dreiteilige Dokumentation „Die geheimen Staaten von Amerika“ (engl. Originaltitel „United States of Secrets“) zeigt, wie die amerikanische Regierung nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center 2001, die Programme zur „Überwachung und Auswertung elektronischer Medien und elektronisch gespeicherter Daten“ initiiert hat. Mit zahlreichen Interviews wird die Entstehung der NSA-Programme rekonstruiert, deren Existenz 2013 von Edward Snowden aufgedeckt und veröffentlicht wurde.

  • Teil 1 Angriff auf die Privatsphäre
  • Teil 2 NSA – Operation Allmacht
  • Teil 3 Jagd auf die Whistleblower

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[Zitat] Erich Fromm über Konformität und Angst

„Man kann die Angst, sich auch nur wenige Schritte abseits der Herde zu befinden und anders zu sein, nur verstehen, wenn man erkennt, wie tief das Bedürfnis ist, nicht isoliert zu sein.
Manchmal rationalisiert (rechtfertigt) man die Furcht vor der Nicht-Konformität als Angst vor den praktischen Gefahren, die dem Nonkonformisten (Unangepassten) drohen könnten. Tatsächlich aber möchten die Leute in viel stärkerem Mass mit den anderen konform gehen, als sie –wenigstens in den westlichen Demokratien –dazu gezwungen werden. Die meisten Menschen sind sich ihres Bedürfnisses nach Konformität nicht einmal bewusst. Sie leben in der Illusion, sie folgten nur ihren Ideen und Neigungen, sie seien Individualisten, sie seien aufgrund eigenen Denkens zu ihren Meinungen gelangt und es sei reiner Zufall, dass sie in ihren Ideen mit der Majorität (Mehrheit) übereinstimmen.

Im Konsensus (Übereinstimmung) aller sehen sie den Beweis für die Richtigkeit „ihrer“ Ideen. Den kleinen Rest eines Bedürfnisses nach Individualität, der ihnen geblieben ist, befriedigen sie, indem sie sich in Kleinigkeiten von anderen zu unterscheiden suchen; die Anfangsbuchstaben ihres Namens auf dem Handkoffer oder dem Pullover, das Namensschildchen des Schalterbeamten oder die Zugehörigkeit zu verschiedenen Parteien oder Studentenverbindungen: Solche Dinge dienen dazu, individuelle Unterschiede zu betonen. In dem Werbeslogan, dass etwas „anders ist als…“, kommt dieses Bedürfnis, sich von anderen zu unterscheiden, zum Ausdruck.

In Wirklichkeit gibt es kaum noch Unterschiede.“

Erich Fromm

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Medienkompetenz – Wiederholungen und Wahrheitseffekt

Wenn Sie ein Gedicht oder eine mathematische Formel auswendig lernen wollen, dann ist es eine bekannte und bewährte Lernmethode, den Text oder die Formel wiederholt zu lesen. Dieselbe Methode kann aber auch dann wirksam werden, wenn wir den Text nicht lernen wollen. So kennen die meisten Medienkonsumenten eine kurze Melodie oder den Text eines Liedes aus der Werbung oder den gesprochenen Textanteil einer Werbung („Wer hat’s erfunden?“). Aber nicht nur die Werbeindustrie nutzt diese Methode für ihre Botschaften („Geiz ist Geil“).

Auch Werbeslogans der politischen Parteien wiederholen immer wieder die gleichen leeren Sprechblasen und Parolen, zum Beispiel „Deutschland geht es gut“, „Die Renten sind sicher“ oder „Mehr Bildung“, „Yes we can“ („Wir schaffen das“). Wie ich in dem Beitrag über die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und ihren Werbeslogan „sozial ist, was Arbeit schafft“ bereits beschrieben habe, werden diese Public Relations (PR) Kampagnen (Beispiel: Fachkräftemangel) seit Jahren mit vielen Millionen Euro finanziert. Und diese (politischen) Werbebotschaften bleiben trotz fehlenden Inhalts auf der Agenda und entfalten eine Wirksamkeit (Narrative).

In diesem Beitrag wird der Effekt der Wiederholung beschreiben und wie dieser Effekt als Methode genutzt werden könnte (…), um den Einfluss des Senders (zum Beispiel Werbung von Unternehmen oder Parteien) auf die Entscheidungstendenzen von Medienkonsumenten oder Wählern (Empfänger) zu vergrößern oder auch verändern zu können.

    • Wiederholung (Lernmethode)
    • der Wahrheitseffekt (Psychologie)
    • Wiederholung als Mittel der Rhetorik
    • Priming und Wiederholungen

Dieser Beitrag ist Teil der (neuen) Serie zum Thema Medienkompetenz“.

Wahrheitseffekt

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[Zitat] Alain de Botton über Nachrichten und Religion

„Gesellschaften werden modern, wie der Philosoph Hegel meinte, wenn die Nachrichten die Religion als wesentliche Quelle der Orientierung und als Prüfstein der Autorität ablösen. In den entwickelten Wirtschaftsgesellschaften üben die Medien heute eine mindestens so starke Macht aus wie früher der Glaube. Die Berichterstattung taktet den traditionellen Tagesablauf mit unheimlicher Genauigkeit:
Das Frühstück hat sich ins Morgenmagazin verwandelt, das Abendessen ist identisch mit der Tagesschau. Aber die Nachrichten gehorchen nicht nur einem quasireligiösen Stundenplan. Man soll ihnen mit derselben ehrerbietigen Erwartungen begegnen wie früher der Religion. Auch hier erhoffen wir uns Erkenntnisse über Gut und Böse, möchten dem Leiden auf den Grund gehen und die sich entfaltende Logik des seins verstehen. Und auch hier könnten wir uns, wenn wir unsere Teilnahme an den Ritualen verweigern, der Häresie schuldig machen.

Die Medien verbergen ihre eigenen Wirkmechanismen und lassen sich schwer hinterfragen. Sie sprechen ganz natürlich und ohne Betonung, ohne je Bezug auf ihre eigene voreingenommene Perspektive zu nehmen. Sie vertuschen, dass sie nicht nur über die Welt berichten, sondern vielmehr ständig damit zugange sind, in unseren Köpfen einen neuen Planeten zu erschaffen, der unverkennbar zu ihren eigenen Prioritäten passt.“

Alain de Botton

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