[Zitat] Karl Popper und das Paradoxon der Toleranz

„Damit möchte ich nicht sagen, dass wir z.B. intolerante Philosophien auf jeden Fall gewaltsam unterdrücken sollten; solange wir ihnen durch rationale Argumente beikommen können und solange wir sie durch die öffentliche Meinung in Schranken halten können, wäre ihre Unterdrückung sicher höchst unvernünftig. Aber wir sollten für uns das Recht in Anspruch nehmen, sie, wenn nötig, mit Gewalt zu unterdrücken, denn es kann sich leicht herausstellen, dass ihre Vertreter nicht bereit sind, mit uns auf der Ebene rationaler Diskussion zusammenzutreffen, und beginnen, das Argumentieren als solches zu verwerfen; sie können ihren Anhängern verbieten, auf rationale Argumente – die sie ein Täuschungsmanöver nennen – zu hören, und sie werden ihnen vielleicht den Rat geben, Argumente mit Fäusten und Pistolen zu beantworten.

Wir sollten daher im Namen der Toleranz das Recht für uns in Anspruch nehmen, die Unduldsamen nicht zu dulden. Wir sollten geltend machen, dass sich jede Bewegung, die die Intoleranz predigt, außerhalb des Gesetzes stellt, und wir sollten eine Aufforderung zur Intoleranz und Verfolgung als ebenso verbrecherisch behandeln wie eine Aufforderung zum Mord, zum Raub oder zur Wiedereinführung des Sklavenhandels“.


„Weniger bekannt ist das Paradoxon der Toleranz:
Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“

Karl Popper

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[Zitat] Douglas Murray über das Verschwinden von privater Kommunikation

„(…) Einen Aspekt beschreibe ich in meinem Buch „Wahnsinn der Massen“ und zwar das Verschwinden von privater und öffentlicher Rede. Jetzt ist jede Rede immer und jederzeit potentiell für die ganze Welt. Unser ganzes Leben lang konnten wir, bis vor etwa zwei Jahren, noch zwischen privater und öffentlicher Kommunikation unterscheiden. Ein Zeitungsartikel zum Beispiel war öffentliche Kommunikation und eine Unterhaltung mit einem Freund eine private. Aber das Aufkommen der sozialen Medien hat das beschädigt, so dass jetzt eine vielleicht missglückte private Konversation eine Sache öffentlichen Interesses werden kann, sogar dann, wenn man eigentlich keine öffentliche Person ist.

Das ist eine sehr wichtige Veränderung für unsere Spezies in Sachen Kommunikation. Es bedeutet, dass Leute, die sich dessen sehr bewusst sind, besonders junge Leute, mittlerweile immer versuchen, so zu sprechen wie es ihrer Vorstellung nach von allen akzeptiert werden kann.

In diesem Kommunikationsprozess versuchen sie, ihrer Rede einen universellen Aspekt zu geben, der in Antirassismus, Antisexismus, Antihomophobie und vielem mehr besteht. Das basiert aber nicht auf Vereinbarungen. Das Ganze bleibt hochgradig widersprüchlich, sogar in sich selbst. Und es beruht auf einer unfassbar dürftigen Denkweise, die sich seit den späten siebziger Jahren in einem Teil der amerikanischen Universitäten herausgebildet hat und unter dem hässlichen Begriff Intersektionalismus firmiert. Dieser Intersektionalismus hat einiges zur Verfügung gestellt, auf das sich die modernen „Woke“-Aktivisten berufen.

Ich sollte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass eine ganze Reihe von Denkrichtungen eingeflossen sind. Eine davon ist eine Form des Vulgärmarxismus, besonders die Vorstellung, dass ein sinnvolles Leben aus zahllosen, endlosen Kämpfen gegen Unholde bestehen sollte, Unholde, die tatsächlich existieren, die aber in ihrer Bedeutung übertrieben werden müssen, um sich selbst als tapferer Krieger gegen sie präsentieren zu können.“

Douglas Murray

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Die SPD und die Vereinigten Staaten von Europa

Berliner Programm der SPD (1989)

Die Vereinigten Staaten von Europa, von den Sozialdemokraten im Heidelberger Programm 1925 gefordert, bleiben unser Ziel. Die demokratischen Staaten müssen ihre Kräfte bündeln, um sich selbst zu behaupten, aber auch, um auf eine gesamteuropäische Friedensordnung hinzuwirken. Die Europäische Gemeinschaft ist ein Baustein einer regional gegliederten Weltgesellschaft. Sie ist eine Chance für den Frieden und die soziale Demokratie. Ganz Europa muß eine Zone des Friedens werden.

Seite 16

Wir wollen die Europäische Gemeinschaft zu den Vereinigten Staaten von Europa weiterentwickeln, in denen die kulturelle Identität der Völker bewahrt, sprachlich-kulturelle Minderheiten respektiert und für alle Bürger gleiche Freiheiten und gleiche Entwicklungschancen gesichert werden. Dies verlangt volle Rechte für das Europäische Parlament, eine handlungsfähige, parlamentarisch verantwortliche Regierung, klar umrissene Zuständigkeiten und europäische Wirtschaftsdemokratie. Wir wollen eine sozialstaatliche Ordnung in ganz Europa.

Seite 17

Wir wollen die Europäische Gemeinschaft zu den Vereinigten Staaten von Europa weiterentwickeln. Durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die EG gemäß Artikel 24 des Grundgesetzes ist der herkömmliche Staatsaufbau bereits ergänzt worden. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinschaft sollen an deren Entscheidungen mitwirken können. Aus einer Wirtschaftsgemeinschaft muß ein Europa der Bürger werden, in dem die Staatsangehörigkeit nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Unser Ziel ist eine Verfassung für die Gemeinschaft, die Demokratie mit den Grundsätzen des Rechts- und Sozialstaates verbindet.

Seite 49

Berliner Programm der SPD (1989)

https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Grundsatzprogramme/berliner_programm.pdf


Hamburger Programm der SPD (2015)

Schon 1925 setzte sich die Sozialdemokratie mit der Forderung nach den Vereinigten Staaten von Europa für die europäische Einheit ein. Was damals unerreichbar schien, ist heute Wirklichkeit: Die europäische Einigung nach zwei Weltkriegen hat die friedlichste Periode in der Geschichte unseres Kontinents ermöglicht.

Seite 26

Hamburger Programm der SPD (2015)

https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Grundsatzprogramme/hamburger_programm.pdf


Heidelberger Programm der SPD (1925)

Als Mitglied der Sozialistischen Arbeiter-Internationale kämpft die Sozialdemokratische Partei Deutschlands in gemeinsamen Aktionen mit den Arbeitern aller Länder gegen imperialistische und faschistische Vorstöße und für die Verwirklichung des Sozialismus. (…)

Sie tritt ein für die aus wirtschaftlichen Ursachen zwingend gewordene Schaffung der europäischen Wirtschaftseinheit, für die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa, um damit zur Interessensolidarität der Völker aller Kontinente zu gelangen.

Seite 9 + 10

Heidelberger Programm der SPD (1925)

https://www.spd-trier-mitte.de/dl/Das_Heidelberger_Programm.pdf



Grundsatzprogramme der SPD im Überblick (seit 1869)

https://www.spd.de/partei/organisation/das-grundsatzprogramm/


Die Forderung nach den Vereinigten Staaten von Europa wiederholte Martin Schulz in seiner Rede beim SPD-Bundesparteitag in Berlin am 07. Dezember 2017 ein weiteres Mal.


 

[Zitat] Jordan Peterson – hundert Millionen Tote sind genug

„Die Tatsache, dass die Postmodernisten es wagen, sich als Marxisten zu bezeichnen, ist auch etwas, das ich nicht so sehr intellektuell verwerflich, als vielmehr moralisch abstoßend finde. Und eines der Dinge, die – eines der Dinge, dass die Postmodernisten – postmoderne Neomarxisten immer wieder behaupten, ist, dass sie nichts als Mitgefühl für die Unterdrückten haben.

Und ich würde sagen, dass jeder, der mehr als nur eine oberflächliche Kenntnis der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts hat und der es wagt, gleichzeitig zu behaupten, dass er Mitgefühl für die Unterdrückten hat und dass er ein Marxist ist, hat seine Ignoranz gegenüber der Geschichte offenbart. Das ist so erstaunlich, dass es tatsächlich eine Art Wunder ist oder eine Art von Böswilligkeit, die so verwerflich ist, dass sie fast unaussprechlich ist.

Denn wir haben das Gleichheitsexperiment im Laufe des Jahrhunderts schon einmal durchgeführt, und wir wissen bereits, was die marxistischen Doktrinen für die unterdrückten Menschen auf der ganzen Welt getan haben, und die Antwort darauf lautete meist: gefangen nehmen, versklaven, einsperren und knechten, sie bis zum Tode arbeiten lassen oder sie hinrichten.

Und soweit ich das beurteilen kann, entspricht das nicht gerade einer Botschaft des Mitgefühls, und deshalb glaube ich nicht, dass die postmodernen Neomarxisten ein Standbein haben, auf dem sie ethisch oder intellektuell oder emotional stehen können.

Und ich denke, dass man ihnen aus einer intellektuellen Perspektive, einer informierten intellektuellen Perspektive, so hart wie möglich nachgehen sollte.

Und dies ist im Grunde ein Krieg der Ideen, und das ist die – es ist die analytische Grundlage, auf der er ausgefochten werden sollte. Und es ist nicht nur ein Krieg der Ideen. Ich denke, er ist einer, der gewonnen werden kann, weil ich glaube, dass vor allem die französischen intellektuellen Postmodernisten ein Rudel von, wie würden Sie sie nennen, sind – nun, wir könnten mit Scharlatanen anfangen, und das ist eine gute Möglichkeit, Pseudo-Intellektuelle wäre auch gut, Missgünstige wäre eine andere.

Und dann würde ich sie auch als höchst betrügerisch in ihren intellektuellen Strategien betrachten, denn fast alle von ihnen waren marxistische studentische Intellektuelle, und sie wussten zu der Zeit, als der Gulag-Archipel herauskam und sogar schon vorher, dass die Alpträume der Sowjetunion und des maoistischen China von solchem Ausmaß waren, dass sie jeden Anspruch auf ethische Rechtfertigung, den die grundlegenden marxistischen Doktrinen jemals zu manifestieren vermochten, völlig entkräftet hatten.

Und so ist es eine, es ist eine No-Go-Zone. Soweit es mich intellektuell betrifft, ist das Spiel vorbei. Wir haben bereits herausgefunden, dass es eine begrenzte Anzahl von Interpretationsmöglichkeiten gibt.

Und wir verstehen auch, warum es sie gibt und wie sie sich entwickelt haben, und aus der Perspektive der politischen Argumentation gibt es im 21. Jahrhundert absolut keine Entschuldigung dafür, die marxistische Doktrin so darzustellen, als sei sie das Beste, dass von den Mitfühlenden eingesetzt wird – das absolut Großartigste, das von den Mitfühlenden für die Unterdrückten eingesetzt werden kann.

Tut mir leid, der Versuch hat nicht funktioniert.
Wir haben hundert Millionen Tote, um es zu beweisen, und das ist genug für mich. Und wenn es für Sie nicht gut genug ist, dann sollten Sie ernsthaft entweder über Ihr historisches Wissen oder über die Moral Ihres Charakters nachdenken.
Das ist also das erste.“

 

Jordan B. Peterson

 

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[Zitat] Wolfgang Herles – News und kognitiver Dauerstress

„Superscharfe Präsentation, Studios wie aus einem Science-Fiction-Film. Warum nicht, wenn die Substanz des Nachrichtenjournalismus damit Schritt halten kann? Nicht nur die Auswahl der Themen hat sich unter dem Regime der Quote geändert. Die Beiträge sind kürzer, die Stücke in  sich atemloser geworden. Der Mangel an Komplexität und Genauigkeit vieler Beiträge hat durchaus auch mit dem Mangel an Zeit zu tun, die zur Verfügung steht. Drei bis vier Minuten lang sind Korrespondentenstücke im Heute-journal und in den Tagesthemen. Nur eine Minute dreißig sind die meisten Filmberichte der fünfzehnminütigen Hauptnachrichtensendungen lang. Manche Themen werden als »Nachricht im Film« noch kürzer abgehandelt.

1975 betrug die Zeit zwischen zwei Schnitten in Nachrichtenfilmen durchschnittlich 10,2 Sekunden. 1995 – in der kurzen Epoche der Magnetbänder – waren es nur noch 6,6 Sekunden bis zum jeweils nächsten Schnitt. Heute sind es 4,7 Sekunden. In Amerika dauert eine Einstellung durchschnittlich nur noch 1,5 Sekunden.

Die Bildsprache versetzt die Zuschauer in »kognitiven Dauerstress (…) Je aufgeregter ich werde, desto kürzer kann ich die Aufregung noch ertragen.« Eine paradoxe Wirkung. Obwohl die Nachrichtenbeiträge die Aufmerksamkeit der Zuschauer mit allen Mitteln zu steigern suchen, erreichen sie das Gegenteil. Nicht nur die Schnittfolge, auch die digitalen Möglichkeiten machen die Beiträge sowohl opulenter, aber auch hektischer, erregender.
Auf dem Bildschirm sind mehrere Bilder gleichzeitig zu sehen, Fotos und Grafiken sind animiert, die Kamera ist ständig in Bewegung, häufig ruckelt und zuckelt sie. Würden diese Stilmittel der Anschaulichkeit dienen, wäre nichts dagegen zu sagen. Sie erzeugen aber vor allem Unruhe und Atemlosigkeit und werden so zu Mitteln emotionaler Aufladung. Die Zuschauer empfinden eine langsamere Bildsprache schnell als anstrengend und langweilig. Bei Beiträgen mit längeren Statements und ruhiger Kameraführung zappen sie erfahrungsgemäß schneller weg, auch wenn sie solchen Beiträgen eigentlich besser folgen können. Eine teuflische Spirale.“

Wolfgang Herles

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[Zitat] Heinrich Heine über Kommunismus

Heinrich Heine über Kommunismus

XLV

Paris, 20. Juni 1842

„(…) Aber die Verwirrungen, Verwicklungen und momentanen Nöten, worin die Regierung infolge dieses Treibens geraten kann, geben den dunkeln Gewalten, die im verborgenen lauern, das Signal zum Losbruch, und wie immer erwartet die Revolution eine parlamentarische Initiative.
Das entsetzliche Rad käme dann wieder in Bewegung, und wir sähen diesmal einen Antagonisten auftreten, welcher der schrecklichste sein dürfte von allen, die bisher mit dem Bestehenden in die Schranken getreten. Dieser Antagonist bewahrt noch sein schreckliches Inkognito und residiert wie ein dürftiger Prätendent in jenem Erdgeschoß der offiziellen Gesellschaft, in jenen Katakomben, wo unter Tod und Verwesung das neue Leben keimt und knospet.

Kommunismus ist der geheime Name des furchtbaren Antagonisten, der die Proletarierherrschaft in allen ihren Konsequenzen dem heutigen Bourgeoisieregimente entgegensetzt. Es wird ein furchtbarer Zweikampf sein. Wie möchte er enden? Das wissen die Götter und Göttinnen, denen die Zukunft bekannt ist.
Nur soviel wissen wir: der Kommunismus, obgleich er jetzt wenig besprochen wird und in verborgenen Dachstuben auf seinem elenden Strohlager hinlungert, so ist er doch der düstre Held, dem eine große, wenn auch nur vorübergehende Rolle beschieden in der modernen Tragödie und der nur des Stichworts harrt, um auf die Bühne zu treten. Wir dürfen daher diesen Akteur nie aus den Augen verlieren, und wir wollen zuweilen von den geheimen Proben berichten, worin er sich zu seinem Debüt vorbereitet. Solche Hindeutungen sind vielleicht wichtiger als alle Mitteilungen über Wahlumtriebe, Parteihader und Kabinettsintrigen.“


XLVI

Paris, 12. Juli 1842

Das Resultat der Wahlen werden Sie aus den Zeitungen ersehen. Hier in Paris braucht man nicht erst die Blätter darüber zu konsultieren, es ist auf allen Gesichtern zu lesen.
Gestern sah es hier sehr schwül aus, und die Gemüter verrieten eine Aufregung, wie ich sie nur in großen Krisen bemerkt habe. Die alten wohlbekannten Sturmvögel rauschten wieder unsichtbar durch die Luft, und die schläfrigsten Köpfe wurden plötzlich aufgeweckt aus der zweijährigen Ruhe.
Ich gestehe, daß ich selbst, angeweht von dem furchtbaren Flügelschlag, ein gewaltiges Herzbeben empfand. Ich fürchte mich immer im ersten Anfang, wenn ich die Dämonen der Umwälzung entzügelt sehe; späterhin bin ich sehr gefaßt, und die tollsten Erscheinungen können mich weder beunruhigen noch überraschen, eben weil ich sie vorausgesehen.
Was wäre das Ende dieser Bewegung, wozu Paris wieder, wie immer, das Signal gegeben? Es wäre der Krieg, der gräßlichste Zerstörungskrieg, der leider die beiden edelsten Völker der Zivilisation in die Arena riefe zu beider Verderben; ich meine Deutschland und Frankreich. England, die große Wasserschlange, die immer in ihr ungeheures Wassernest zurückkriechen kann, und Rußland, das in seinen ungeheuren Föhren, Steppen und Eisgefilden ebenfalls die sichersten Verstecke hat, diese beiden können in einem gewöhnlichen politischen Kriege, selbst durch die entschiedensten Niederlagen, nicht ganz zugrunde gerichtet werden: – aber Deutschland ist in solchen Fällen weit schlimmer bedroht, und gar Frankreich könnte in der kläglichsten Weise seine politische Existenz einbüßen. Doch das wäre nur der erste Akt des großen Spektakelstücks, gleichsam das Vorspiel.

Der zweite Akt ist die europäische, die Weltrevolution, der große Zweikampf der Besitzlosen mit der Aristokratie des Besitzes, und da wird weder von Nationalität noch von Religion die Rede sein: nur ein Vaterland wird es geben, nämlich die Erde, und nur einen Glauben, nämlich das Glück auf Erden.
Werden die religiösen Doktrinen der Vergangenheit in allen Landen sich zu einem verzweiflungsvollen Widerstand erheben, und wird etwa dieser Versuch den dritten Akt bilden? Wird gar die alte absolute Tradition nochmals auf die Bühne treten, aber in einem neuen Kostüm und mit neuen Stich- und Schlagwörtern? Wie würde dieses Schauspiel schließen? Ich weiß nicht, aber ich denke, daß man der großen Wasserschlange am Ende das Haupt zertreten und dem Bären des Nordens das Fell über die Ohren ziehen wird.
Es wird vielleicht alsdann nur einen Hirten und eine Herde geben, ein freier Hirt mit einem eisernen Hirtenstabe und eine gleichgeschorene, gleichblökende Menschenherde!
Wilde, düstere Zeiten dröhnen heran, und der Prophet, der eine neue Apokalypse schreiben wollte, müßte ganz neue Bestien erfinden, und zwar so erschreckliche, daß die älteren Johanneischen Tiersymbole dagegen nur sanfte Täubchen und Amoretten wären. Die Götter verhüllen ihr Antlitz aus Mitleid mit den Menschenkindern, ihren langjährigen Pfleglingen, und vielleicht zugleich auch aus Besorgnis über das eigene Schicksal. Die Zukunft riecht nach Juchten, nach Blut, nach Gottlosigkeit und nach sehr vielen Prügeln.

Ich rate unsern Enkeln, mit einer sehr dicken Rückenhaut zur Welt zu kommen.

Heinrich Heine

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[Zitat] George Orwell – Lassen Sie es nicht zu!

„Ich denke, wenn man berücksichtigt, dass das Buch immerhin eine Parodie ist, könnte so etwas wie in 1984 tatsächlich passieren. Das ist die Richtung, in die die Welt derzeit geht.

In unserer Welt wird es keine Emotionen außer Angst, Wut, Triumph und Selbsterniedrigung geben. Der Sexualtrieb wird ausgerottet werden. Wir werden den Orgasmus abschaffen.

Es wird keine Loyalität außer der Loyalität gegenüber der Partei geben. Aber immer wird es den Rausch der Macht geben. Immer, in jedem Augenblick wird es den Rausch des Sieges geben, das Gefühl, auf dem hilflosen Feind herumzutrampeln.

Wenn Sie ein Bild von der Zukunft haben wollen, stellen Sie sich ein Stiefel vor, der auf ein menschliches Gesicht tritt, unaufhörlich!

Die Moral, die aus dieser gefährlichen Albtraum Situation gezogen werden muss, ist eine einfache: Lassen Sie es nicht zu. Es liegt an Ihnen.

George Orwell

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[Zitat] Aldous Huxley – eine Diktatur ohne Tränen

„In der Schönen Neuen Welt war die Verteilung dieser mysteriösen Droge, die ich Soma nannte und deren Name jetzt von den Wallace Laboratories übernommen wurde (für etwas, das nicht annähernd so gut ist, könnte ich sagen),
die Verteilung dieser Droge war eine der Planken in der politischen Plattform – sie war gleichzeitig eines der großen Machtinstrumente in den Händen der Zentralbehörde, und gleichzeitig war es eines der großen Privilegien der Massen, diese Droge nehmen zu dürfen, weil sie sie so glücklich machte.

Das war natürlich eine Fantasie, aber es ist eine Fantasie, die jetzt viel näher an der Realisierung ist, als ich dachte, als sie es damals sicherlich war. Und es scheint mir perfekt in den Karten zu stehen, dass es in der nächsten Generation oder so, eine pharmakologische Methode geben wird, um die Menschen dazu zu bringen, ihre Knechtschaft zu lieben und sozusagen eine Diktatur ohne Tränen zu produzieren. Eine Art schmerzloses Konzentrationslager für ganze Gesellschaften zu schaffen, damit den Menschen tatsächlich ihre Freiheiten genommen werden können, sie es aber eher genießen, weil sie von jedem Wunsch nach Rebellion abgelenkt werden – durch Propaganda, Gehirnwäsche oder Gehirnwäsche, die durch pharmakologische Methoden verstärkt wird.
Und das scheint mir die letzte Revolution zu sein.“

Aldous Huxley

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[Zitat] Richard Feynman über Cargo-Kult-Wissenschaft

„Auf den Samoainseln haben die Einheimischen nicht begriffen, was es mit den Flugzeugen auf sich hat, die während des Krieges landeten und ihnen alle möglichen herrlichen Dinge brachten. Und jetzt huldigen sie einem Flugzeugkult.
Sie legen künstliche Landebahnen an, neben denen sie Feuer entzünden, um die Signallichter nachzuahmen. Und in einer Holzhütte hockt so ein armer Eingeborener mit hölzernen Kopfhörern, aus denen Bambusstäbe ragen, die Antennen darstellen sollen, und dreht den Kopf hin und her. Auch Radartürme aus Holz haben sie und alles mögliche andere und hoffen, so die Flugzeuge anzulocken, die ihnen die schönen Dinge bringen. Sie machen alles richtig. Der Form nach einwandfrei. Alles sieht genau so aus wie damals. Aber es haut nicht hin. Nicht ein Flugzeug landet.“
Richard Feynman

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[Zitat] Yuval Noah Harari über Demokratie und Medien

„Die Demokratie beruht auf dem Grundsatz von Abraham Lincoln, dass man ‘das ganze Volk manchmal und manche Leute ständig täuschen kann, aber man kann nicht das ganze Volk ständig täuschen’.
Wenn eine Regierung korrupt ist und nicht in der Lage ist, das Leben der Menschen zu verbessern, werden dies schließlich genügend Bürger erkennen und die Regierung ersetzen. Aber die Kontrolle der Regierung über die Medien untergräbt Lincolns Logik, weil sie die Bürger daran hindert, die Wahrheit zu erkennen. Durch ihr Monopol über die Medien kann die herrschende Oligarchie wiederholt alle ihre Versäumnisse auf andere schieben und die Aufmerksamkeit auf äußere Bedrohungen – seien sie real oder eingebildet – lenken.
Wenn man unter einer solchen Oligarchie lebt, gibt es immer die eine oder andere Krise, die Vorrang vor langweiligen Dingen wie Gesundheitsversorgung und Umweltverschmutzung hat. Wenn die Nation einer externen Invasion oder einer teuflischen Subversion gegenübersteht, wer hat dann noch Zeit, sich um überfüllte Krankenhäuser und verschmutzte Flüsse zu kümmern? Indem sie einen nicht enden wollenden Strom von Krisen erzeugt, kann eine korrupte Oligarchie ihre Herrschaft auf unbestimmte Zeit verlängern.“

Yuval Noah Harari

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[Zitat] Jordan Peterson über die Zerstörung der Kultur

Die Kinder fangen an, diesen Ort zu verbrennen und ihn zu verwüsten. Sie ziehen einen Flügel die Treppe hinunter. Es ist die Zerstörung der Hochkultur, auf die sie nur zynisch zu blicken wissen, weil sie nicht glauben, dass harte Arbeit und Opfer etwas von irgendeinem Wert produzieren können. Sie wollen sie niederreißen und zerstören.
Man kann es in der Geschichte von Kain und Abel sehen. Abel arbeitet hart und jeder mag ihn, und er bringt die richtigen Opfer, so dass sein Leben wirklich gut läuft. Und das ist einer der Gründe, warum Kain ihn hasst. Er ist eifersüchtig und ärgerlich, aber schlimmer als das ist noch – wenn es dir nicht sehr gut geht und du mit jemandem zusammen bist, dem es sehr gut geht, ist es schmerzhaft, weil dich die bloße Tatsache ihres Seins beurteilt.
Und so ist es sehr einfach, dieses Ideal zerstören zu wollen, damit man nicht mit den schrecklichen Folgen leben muss, wenn man es vor sich verkörpert sieht. Und das ist ein Teil der Ursache, warum Menschen Dinge niederreißen wollen, so dass sie nichts mehr haben, gegen das sie sich abgrenzen und sich schlecht fühlen müssen. Und genau das ist es, was hier passiert. DIe Kinder zerstören all diese Kultur, denn die Tatsache, dass sie existiert, beurteilt sie.

Jordan Peterson

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[Zitat] Richard Feynman über Zweifel

„Wir müssen unbedingt Raum für Zweifel lassen, sonst gibt es keinen Fortschritt, kein Dazulernen. Man kann nichts Neues herausfinden, wenn man nicht vorher eine Frage stellt. Und um zu fragen, bedarf es des Zweifelns.
Die Leute suchen immer nach Gewissheit. Es gibt aber keine Gewissheit. Und Sie haben schreckliche Angst – wie kann man leben und nicht wissen?  Das ist gar nicht so schwer. Tatsache ist, Sie glauben lediglich, etwas zu wissen. Und die meisten Ihrer Handlungen gründen auf unvollständigem Wissen – in Wirklichkeit wissen Sie nicht, was das alles soll, Sie kennen den Sinn und Zweck der Welt nicht. Und auch über andere Dinge wissen Sie nicht besonders viel. Es ist durchaus möglich, ohne Wissen zu leben.“

Richard Feynman

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[Zitat] Neil Postman über George Orwell und Aldous Huxley

„Was Orwell fürchtete, waren diejenigen, die Bücher verbieten würden. Was Huxley befürchtete, war, dass es keinen Grund geben würde, ein Buch zu verbieten, denn es würde niemanden geben, der eines lesen wollte. Orwell fürchtete diejenigen, die uns Informationen vorenthalten würden. Huxley fürchtete diejenigen, die uns so viel geben würden, dass wir auf Passivität und Egoismus reduziert würden. Orwell befürchtete, dass die Wahrheit vor uns verborgen bleiben würde. Huxley befürchtete, dass die Wahrheit in einem Meer der Irrelevanz ertrinken würde. Orwell befürchtete, dass wir eine Gesellschaft der Gefangenen werden würden. Huxley befürchtete, dass wir eine triviale Kultur werden würden, die sich mit einem Äquivalent der Fühlfilme, der Rutschiputschi und der Zentrifugalbrummball beschäftigt.

Wie Huxley in Brave New World Revisited bemerkte, haben die bürgerlichen Liberalisten und Rationalisten, die immer auf der Hut sind, um sich der Tyrannei zu widersetzen, “nicht berücksichtigt, dass der Mensch einen fast unendlichen Appetit auf Ablenkungen hat”. 1984, fügte Orwell hinzu, werden Menschen durch das Zufügen von Schmerzen kontrolliert. In der Schönen Neuen Welt werden sie durch das Vergnügen gesteuert.

Kurz gesagt, Orwell hatte Angst, dass das, was wir fürchten, uns ruinieren würde. Huxley fürchtete, dass das, was wir uns wünschen, uns ruinieren würde. In diesem Buch geht es um die Möglichkeit, dass Huxley, nicht Orwell, Recht hatte.“

Neil Postman

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